Lokales

Das Geschäft mit den Wasserfilteranlagen

Brigitte und Olaf Vockerodt fühlen sich vom Verkäufer einer Filterfirma getäuscht – Kein Haustürgeschäft

Wenn jemand kommt und zeigt, wie aus Leitungswasser mithilfe eines Analysegeräts ruckzuck eine eklige braune Brühe wird, kann man gewaltig erschrecken. Und vielleicht sogar spontan einen Kaufvertrag für eine 2 500 Euro teure Wasserfilteranlage unterschreiben. So ist es Brigitte und Olaf Vockerodt aus Notzingen ergangen.

Olaf und Brigitte Vockerodt hatten zunächst geglaubt, dass ihr Trinkwasser durch eine Filteranlage besser und gesünder wird - do
Olaf und Brigitte Vockerodt hatten zunächst geglaubt, dass ihr Trinkwasser durch eine Filteranlage besser und gesünder wird - doch dann kamen ihnen Zweifel. Foto: Roberto Bulgrin

Kirchheim/Notzingen. „Am nächsten Tag wurde mir klar, dass das Unfug ist, und ich habe den Kauf widerrufen“, sagt der Rentner. Doch weil die Filterfirma auf dem Vertrag besteht, traf man sich diese Woche vor dem Kirchheimer Amtsgericht.

Die Geschichte von vorn: Olaf Vockerodt (70) hat Probleme mit der Galle, er geht zur Heilpraktikerin. Die lässt ihn und seine Frau von ihrem Wasser kosten, das sie mit einem sogenannten Umkehrosmosefilter aus Leitungswasser gewonnen hat. „Sie sagte, es ist gesund, und es schmeckte uns gut“, erinnert sich Brigitte Vockerodt (69). Das Ehepaar nimmt einen Flyer der Filterfirma mit. Das zunächst unverbindliche Angebot: eine kostenlose Analyse des Leitungswassers. Olaf Vockerodt vereinbart telefonisch einen Termin.

Ein paar Tage später steht der Geschäftsführer persönlich vor der Tür. Mit einem sogenannten Elektrolysegerät will er den beiden Rentnern zeigen, in welchem Zustand ihr Leitungswasser aus dem Hahn kommt. Das Wasser verfärbt sich prompt dunkelbraun. „Er hat kein gutes Haar an unserem Leitungswasser gelassen und gesagt, dass sich darin Industrieabfälle befinden. Wir waren von der dreckigen braunen Brühe wie hypnotisiert, sodass wir nichts anderes machen konnten, als den Vertrag zu unterschreiben – über 2 500 Euro“, sagt der 70-Jährige. Doch am folgenden Tag beschleichen die Vockerodts Zweifel – sie widerrufen den Vertrag. Vergeblich, denn weil sie den Vertreter selbst eingeladen haben, gilt der Kauf nicht als Haustürgeschäft. Laut ihrem Kirchheimer Anwalt besteht ihre einzige Chance nun darin, dem Verkäufer arglistige Täuschung nachzuweisen.

Das Trinkwasser der Vockerodts kommt vom Wasserwerk in Langenau, das zur Landeswasserversorgung Baden-Württemberg gehört. Dieses Wasser besteht zu zwei Dritteln aus Grundwasser und zu einem Drittel aus Leitungswasser. Olaf Vockerodt, der es jetzt genau wissen will, lässt sein Leitungswasser in einem Labor testen. Ergebnis: Trinkwasserqualität. Alles im Normbereich. Mittlerweile wissen die Vockerodts auch: Die braune Verfärbung ihres Wassers bei der Vorführung des Verkäufers stammt von Eisenpartikeln der Eisenelektrode des Elektrolysegeräts. Verfärbt sich das Wasser dunkel, zeigt das lediglich, dass sich darin viele Mineralien befinden. Bei einem Test mit gefiltertem Wasser bleibt das Wasser klar. In Hamburg hat das Landgericht einem Verkäufer bereits verboten, mit diesem Gerät Panik zu verbreiten. Olaf Vockerodt hat in den vergangenen Monaten ganze Aktenordner voller E-Mails, Gutachten und Urteile zu ähnlichen Fällen gesammelt.

Vor dem Amtsgericht war bereits der zweite Verhandlungstermin. Dass es nicht einfach wird, dem Filterverkäufer arglistige Täuschung nachzuweisen, hat Olaf Vockerodt inzwischen gemerkt. Denn der Geschäftsführer der Filterfirma stellt klar, dass er bei seinem Test mit dem Elektrolysegerät nichts Unwahres gesagt hat. Und sein Anwalt erklärte beim Gerichtstermin in Kirchheim: „Mein Mandant spricht nicht von gesundheitsschädlichem Trinkwasser. Er sagt, dass das gefilterte Wasser einfach besser schmeckt, wenn man es für Kaffee oder Tee verwendet.“

Dazu nur so viel: Auf der Homepage des Filter-Unternehmens heißt es: „Da unser Trinkwasser durch Chemikalien-, Arzneimittel-, Hormon-, Spritz- und Düngemittel (um nur einige zu nennen) stark belastet ist, sollten wir uns mit der Wasserfilterung vertraut machen. Mit dem Umkehrosmoseverfahren werden bis zu 99 Prozent aller unerwünschter Begleitstoffe aus dem Trinkwasser gefiltert.“

 

Nächster Termin ist am 12. Dezember. Dann will Zivilrichterin Ulrike Hausmann ein Urteil sprechen oder entscheiden, dass weitere Beweise aufgenommen werden müssen.

 

Der SWR hat den Fall Vockerodt in der Sendung „Marktcheck“ am 2. Oktober aufgegriffen und einen Besuch des Filter-Vertreters mit versteckter Kamera gefilmt. In der ARD-Mediathek kann man ihn anschauen.