Kirchheim. Aniela Zajac ist die Frau der ersten Stunde. Die Leiterin des DRK-Tafelladens ist seit der Gründung vor 15 Jahren dabei, zunächst in der Osianderstraße, nun in der Henriettenstraße. Sie hat erlebt, wie nach Weihnachten palettenweise Schoko-Nikoläuse in der Tafel standen, oder man schon gar nicht mehr wusste, wohin mit all den Wurstdosen.
Das ist vorbei. Seit ein paar Jahren verwaltet Aniela Zajac den Mangel. „Gestern waren drei Flüchtlinge aus dem Irak da. Die haben 30 Brötchen gekauft. Aber wir konnten ihnen nichts zum Belegen mitgeben, weil der Kühlschrank leer war“, sagt Aniela Zajac traurig. Solche Szenen sind Alltag in der Kirchheimer Tafel. Brot, Brötchen und Plundern gibt es in der Regel im Überfluss. Was immer fehlt, sind Milchprodukte, Wurstwaren, Fleisch, Konserven, Mehl, Nudeln, Zucker, Salz. Und neuerdings sogar Obst und Gemüse.
Dabei sind immer mehr Menschen auf die günstigen Lebensmittel angewiesen. Rund 700 regelmäßige Kunden hat die DRK-Tafel, Tendenz steigend. Die meisten von ihnen, rund 60 Prozent, sind Hartz IV-Empfänger. „Es kommen aber auch immer mehr Flüchtlinge“, sagt Klaus Roth. „Wir brauchen dringend mehr Ware. Sonst bekommen unsere klassischen Kunden immer weniger“, sagt Aniela Zajac. Schon jetzt müsse sie häufig einschreiten, um dafür zu sorgen, dass die Ware gerecht verteilt wird. „Es macht mir auch keinen Spaß, wenn ich Kunden an der Kasse sagen muss, dass sie nur so und so viele Stücke Kuchen kaufen können“, sagt sie.
Dass immer weniger gespendet wird, hat laut Klaus Roth mehrere Gründe. „Der Konkurrenzdruck im Lebensmitteleinzelhandel wird immer größer“, sagt der Leiter des Referats Rotkreuzdienste. Es gebe Supermarktketten, die zuverlässig spendeten. „Aber es gibt auch solche, die ihren Marktleitern die Anweisung geben, die Ware lieber zu vernichten, als sie zu spenden.“ Klaus Rau, DRK-Geschäftsführer, findet das „absurd und unverständlich“. „Mich macht es wütend, dass wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben und Dinge, die andere dringend brauchen, einfach vernichtet werden.“
Ein weiterer Grund ist laut Klaus Rau, dass die Zahl der Discounter immer mehr zunimmt, während die Zahl der Lebensmitteleinzelhändler sinkt. „Die Einzelhändler haben Lebensmittel immer lieber gespendet, bevor sie dafür Müllgebühren bezahlt haben“, sagt er. Er beobachtet außerdem, dass Supermärkte Ware kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums gesondert etikettieren und reduziert verkaufen. Somit bleibe für die Tafeln weniger übrig. Die steigende Zahl der Flüchtlinge tut ihr Übriges. „Viele Geschäfte spenden direkt an die Flüchtlingsunterkünfte“, sagt Aniela Zajac.
Umso schöner ist es für die Tafel, wenn sich Einzelpersonen und Organisationen für die Tafel einsetzen. In der Sankt-Ulrichs-Kirche stehen Körbe vor dem Altar, die von den Messe-Besuchern mit Lebensmitteln gefüllt werden. Immer wieder kaufen Menschen für die Tafel ein. Und sogar Jugendliche helfen, Lebensmittel zu sammeln. „Drei Schülerinnen aus den Klassen 8 und 10 des Schlossgymnasiums gehen drei Mal die Woche gegen Ende über den Wochenmarkt und sammeln Lebensmittel ein“, freut sich Aniela Zajac.
Kontakt
Mehr Informationen gibt es bei Aniela Zajac unter der Nummer 0 70 21/73 40 06.