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„Der Kampf gegen den IS-Terror liegt im deutschen Interesse“

Rainer Arnold spricht über die Bundeswehr, den Irak, Afghanistan, das Echterdinger Ei, den Filderbahnhof, Stromtrassen und die Flüchtlingspolitik

Das Spezialgebiet des hiesigen SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Arnold ist die Verteidigungspolitik. Beim Neujahrspressegespräch in Reudern sprach er gestern vor allem über die Bundeswehrreform, den Kampf gegen den IS-Terrorismus und den Vorwurf der gezielten Tötungen durch die Bundeswehr in Afghanistan.

Andreas Volz

Nürtingen. Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist für Rainer Arnold wichtig. „Aber“, so betonte er gestern, „sie sollte nicht so wichtig sein, wie sie es im vergangenen Jahr war.“ Ihn selbst führt sein Spezialbereich in Bälde wieder einmal in den Irak. In der Bewaffnung der dortigen Kurden durch westliche Staaten sieht Rainer Arnold eine  Tendenz für die Zukunft: „Nicht mehr mit einer Masse eigener Soldaten in fremde Länder gehen, sondern eher für die Ausbildung und Ausrüstung lokaler Sicherheitsorgane sorgen.“

Der Kampf gegen den  Terrorismus des „Islamischen Staats“ (IS) liegt für Rainer Arnold ganz eindeutig „im deutschen Interesse“. Immerhin hätten die Terroristen derzeit einen Landstrich unter Kontrolle, der so groß sei wie Großbritannien. „Ich bin überzeugt, dass es gelingt, den  Terror dort zu vertreiben“, sagt der SPD-Politiker. Allerdings gibt er gleich selbst zu bedenken: „Der Terror als solcher wird danach nicht weg sein. Er wird nur nicht mehr im Irak sein.“ Derzeit gehe es darum, die IS-Terroristen „sichtbar zurückzudrängen“. Diese Menschen dürften keinen Erfolg haben mit ihrem  Terror.

Der scheinbare Erfolg in letzter Zeit treibe den Terroristen viele junge Leute aus dem Westen in die Arme. Für Rainer Arnold handelt es sich dabei hauptsächlich um junge Männer, die sich zurückgesetzt und emotional gedemütigt fühlen. Beim IS hätten sie dann zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, stark zu sein und zu den Siegern zu gehören. Außerdem hätten sie Macht über Leben und Tod: „Was sie antreibt, ist nicht nur religiöser Fanatismus, sondern oft genug die reine Lust am Töten.“ Rainer Arnold hält es für unabdingbar, dass der Verfassungsschutz Hassprediger überwacht, um Rekrutierungen hintertreiben zu können.

Zum aktuellen Vorwurf gezielter Tötungen durch die Bundeswehr in Afghanistan befragt, räumt Rainer Arnold durchaus ein, dass es Fahndungslisten gebe. Oberstes Ziel der Bundeswehr sei es aber, mutmaßliche  Terroristen gefangen zu nehmen, und nicht, sie zu töten. Wenn es bei der Gefangennahme zu Gefechten komme, sei nicht auszuschließen, dass dabei auch jemand ums Leben kommt. „Aber im Zweifelsfall bricht die Bundeswehr eine Gefangennahme lieber ab, bevor vielleicht noch unbeteiligte Zivilisten dabei sterben.“

Zur Bundeswehr-Reform und zu Schwierigkeiten mit dem Einsatzmaterial spricht Arnold von „schlechtem Management bei Instandsetzungen“, nicht zuletzt auch infolge der Sparpolitik. „Daraus aber zu schließen, die Bundeswehr wäre nicht einsatzfähig, ist falsch.“ Flugzeuge, bei denen neue Software installiert werden muss, würden auch mit der alten Software fliegen, und Schiffe könnten im Ernstfall auch auslaufen, ohne vorher einen neuen Anstrich zu erhalten.

Rainer Arnold ist aber nicht nur verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sondern auch Abgeordneter für den Wahlkreis Nürtingen. Als solcher hat er derzeit die Filder stark im Fokus: Zum einen setzt er auf den sechsspurigen Ausbau der B 27 bis zum Echterdinger Ei, um die angrenzenden Kommunen vom Schleichverkehr zu entlasten.

Zum anderen geht es ihm um eine vernünftige Lösung, um ICE-Trasse, S-Bahn und den regionalen Zugverkehr am neuen Filderbahnhof beim Flughafen zusammenzuführen. Die derzeitige Planung hält er für „grottenschlecht“, insbesondere für Berufspendler. Eine vernünftige Lösung würde ungefähr 200 Millionen Euro mehr kosten – bei sechs Milliarden Euro Gesamtkosten nicht allzu viel. Aber augenblicklich traue sich niemand, angesichts von Mehrkosten eine vernünftigere Planung anzumahnen. Hier sieht Rainer Arnold eine sinnvolle Aufgabe für S 21-Gegner. Verhindern lasse sich S 21 nicht mehr, sehr wohl aber verbessern.

Ähnlich sieht er die Energiewende: Auch Stromtrassen von Norden nach Süden seien nicht mehr zu verhindern. Wichtig sei nur noch die Suche nach den vernünftigsten Lösungen. Von einem Konverter bei Wendlingen indessen hält er nichts. Im Ballungsraum Stuttgart seien die Flächen für ein solches Vorhaben viel zu wertvoll.

Als weiteres wichtiges Thema sprach Rainer Arnold gestern die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen an. Dabei ging er auch auf die „Pegida“-Bewegung ein. Sie unterhalte viel Unterstützung von Menschen, die sich mit eigenen „Abstiegsängsten“ plagen. Die Politik müsse diese Menschen und ihre Probleme ernst nehmen, gleichzeitig aber klar machen, dass Menschen, „die bei uns Zuflucht suchen“, nicht dafür verantwortlich sind.