Lokales

Drei Partner unter einem Dach

„Zentrum am Bahnhof“ offiziell eröffnet – „Die neuen Räume sind eine überglückliche Fügung“

Ein Bahnhof und ein Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB) gehören am besten mitten in die Stadt. Trotzdem wurde der Kirchheimer Bahnhof im Jahr 1975 auf die grüne Wiese verlegt. Nun rückt der Bahnhof wieder näher an die Stadt und das Leben heran: Zum ZOB kommt ein attraktives Zentrum am Bahnhof (ZaB).

Bei der offiziellen Eröffnung des ZaB gab es einen Trommelschnupperkurs bei der Familien-Bildungsstätte.Foto: Peter Dietrich
Bei der offiziellen Eröffnung des ZaB gab es einen Trommelschnupperkurs bei der Familien-Bildungsstätte.Foto: Peter Dietrich

Peter Dietrich

Kirchheim. Die Radstation im Bahnhof besteht schon seit November, nun haben auch die Familien-Bildungsstätte (FBS) und der Kinderschutzbund ihre neue Heimat im ZaB bezogen. „Wir wollen den Bahnhof wieder dahin bringen, wo er hingehört: in die Stadt herein“, sagte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker bei der offiziellen Eröffnung. Rund 301 000 Euro habe die Stadt investiert – eine stolze Summe. Hinzu kommen ein jährlicher Zuschuss an die Radstation von 25 000 Euro und jährlich 30 000 Euro Miete. Im Gemeinderat sei intensiv diskutiert worden, ergänzte Matt-Heidecker. Noch gehört das Gebäude der Bahn. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir es im Jahr 2017 erwerben können.“

Für die FBS seien die Räume in zentraler Lage die optimale Lösung, befand Matt-Heidecker. Der Raum sei schließlich „die dritte Pädagogin“. Die bisherigen Räume im Vogthaus wird die FBS parallel weiter nutzen. Einen erheblichen Teil der Renovierungskosten hat sie selbst aufgebracht. Viel Gutes steckt im Detail – etwa in der LED-Beleuchtung, deren Farbtemperatur sich passend zum Tagesverlauf anpassen lässt. Je später der Abend, desto wärmer das Licht, so wie draußen im Freien. Christiane Bahlcke, Vorsitzende der FBS, konnte nicht zur Eröffnung kommen; so drückte an ihrer Stelle der stellvertretende Vorsitzende Dierk van Benthen seinen Dank aus. Das ZaB sei „ein zukunftsweisender Schritt“. Die neuen Räume seien für die FBS „eine überglückliche Fügung“.

Für den Kinderschutzbund sind eigene Räumlichkeiten etwas ganz Neues, denn der 1994 gegründete Ortsverein hatte bisher keine. Die Vorsitzende Eva Fieweger lobte das „sehr schöne Miteinander“. Die Angebote des Kinderschutzbundes zur Unterstützung von Kindern in schwierigen Lebenslagen würden sehr gut zu den Angeboten der FBS passen. Die Zahl der Grundschulkinder, die durch den Kinderschutzbund Hilfe erfahren, habe in jüngster Zeit zugenommen. Für das Angebot „begleiteter Umgang“ würden die neuen Räume die benötigte Intimität bieten.

Auch der dritte Partner, die von der gemeinnützigen Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) betriebene Radstation, passt bestens zum neuen Trio im Haus. Etwa für einen gemeinsamen Vater-und-Sohn-Fahrradreparaturkurs, denn nicht jeder Junge kann eine Bremse nachstellen oder das Kabel am Licht reparieren. „Sie scheitern schon am kleinsten Problem“, beschrieb Andreas Walter, EBI-Fachbereichsleiter für Handel und Dienstleistungen, die Radkenntnisse mancher Jugendlicher. „Und der Papa kann es auch nicht mehr.“ Die EBI habe für Schulungen auf hohem Niveau einen Zweiradmechanikermeister an der Hand. So schrecke auch ein Nabentausch die Mitarbeiter nicht ab. Geht es dann ans Pedelec, ist „Radsport Fischer & Wagner“ als Partner im Boot.

„Es könnte mehr sein“, meinte Walter indes auf die Frage nach den bewachten Stellplätzen, die sich auch für einen Tag oder Monat mieten lassen. Dies liege wohl an der etwas unpraktischen Eröffnung im Winterhalbjahr. Die letzte Stange mit Ständern werde in Kürze montiert, auch abschließbare Fächer für den Fahrradhelm, Badeutensilien oder Einkäufe sollen bald folgen, wahrscheinlich als Ein-Euro-Pfand-Lösung.

Erfreut ist Walter über die große Spendenfreudigkeit bei den Gebraucht-Rädern. „Bis zu 70 Prozent sind mit wenig Aufwand wieder verkehrssicher herzustellen.“ Der Rest der Räder diene als Ersatzteilspender. Schon einige Dutzend Räder seien verkauft worden. So mancher Bezieher von Arbeitslosengeld oder Asylbewerber sei froh, für wenig Geld ein Fahrrad zu bekommen. Eine Radaktion für Flüchtlinge sei ebenfalls geplant – mit einem Rad nebst gespendetem Helm und Schloss als Willkommensgeschenk.

Um die Öffnungszeiten der Radstation von Montag bis Samstag abzudecken, arbeiten derzeit sechs Menschen im Schichtbetrieb. Und der Sonntag? Walter zeigt sich offen, vor allem bei besonderen Anlässen. Das hänge davon ab, wie die Nachfrage sich entwickle. In der Radstation gibt es umfassendes Infomaterial; der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hat einen eigenen Infoständer bestückt. Die Station ist somit zugleich ein kleines Tourismusbüro. Mit dem Frühling läuft nun der Fahrrad- und Pedelecverleih an.

Für Matt-Heidecker ist das ZaB eine gelungene Verbindung von umweltfreundlicher Mobilität, sozialer Verantwortung und einer Belebung des Eugen-Gerstenmaier-Platzes vor dem Bahnhof. Einigen Menschen ist dieser Name nicht geläufig, doch auf dem Platz werden viele in Zukunft nach ihrem Kurs im Café sitzen. Zum ZaB gehört übrigens auch eine behindertengerechte Toilette. Weil die Bahn kein Interesse hatte, sprang die Stadt Kirchheim ein. Dafür wird ihr so mancher wohl sehr dankbar sein.