Lokales

Geschichte der Klinik endet nach 150 Jahren

Johanniter richteten 1864 ein erstes Krankenhauses in Plochingen ein – Zwei Neubauten in den Jahren 1906 und 1986

Plochingen. Ein leeres, großes, leicht heruntergekommenes Gebäude – so präsentiert sich derzeit das Krankenhaus in Plochingen. Vor etwa sieben Wochen zog der letzte Patient aus, nun wird es umgebaut zu

Gesa von Leesen

einem „Gesundheits-Campus“. Hier sollen die Fortbildungs-Akademie der Kreiskliniken sowie das Gesundheitsamt und die Pflegeschulen einziehen. Ein Neubeginn und auch ein Abschied von einer 150 Jahre währenden abwechslungsreichen Geschichte. Plochingen hat keine Klinik mehr.

Am 21. Mai 1864 wurde das erste Plochinger Krankenhaus eingeweiht. Damals hatte der Johanniterorden festgestellt, dass die Stadt ein Krankenhaus benötigt. Er baute ein Bauernhaus in der Esslinger Straße zu einem Hospital um. Aus heutiger Sicht bescheiden: Sieben Krankenzimmer, 14 Betten. Kurze Zeit war es, wie damals üblich, ein Heim für Arme und Heimatlose. Doch schon bald hatte die Ordensgenossenschaft mit den Gemeinden Plochingen, Reichenbach sowie Pfauhausen und Steinbach (dem heutigen Wernau) einen ungewöhnlichen Vertrag geschlossen: In diesen Gemeinden mussten alle männlichen und weiblichen Gewerbehilfen, Fabrikarbeiter, Dienstboten und Lehrlinge einer Gemeindekrankenversicherung beitreten. Der monatliche Beitrag betrug 20 bis 30 Pfennig. Er musste vom Dienstherren bezahlt werden und garantierte zwölf Wochen freie Krankenhausbehandlung. Dieser Vorläufer der modernen Krankenversicherung wurde 1883 überflüssig, als Bismarck die gesetzliche Krankenversicherung einführte.

Johanniter geben Klinik ab

In Kriegszeiten, also 1866 und 1870/71 sowie in den beiden Weltkriegen wurde das Johanniterkrankenhaus als Lazarett benötigt. Doch im Frieden wuchs es ständig. Der Bedarf stieg, man baute an und 1906 sogar neu: In der Johanniterstraße entstand für 144 000 Mark ein Haus mit 20 Zimmern und 60 Betten, elektrisch-medizinischer Badeeinrichtung und einem Röntgenkabinett. So wuchs das Haus, bis sich der Johanniterorden durch die Weltwirtschaftskrise 1923 gezwungen sah, die Amtskörperschaft um die Übernahme des Hospitals zu bitten, berichtet der Johanniterorden auf seiner Internetseite. Seitdem war das Krankenhaus Plochingen in öffentlicher Hand und die baute weiter.

Die Geburtshilfe kam dazu, und nun dachte man an Sanierung, weil die hygienischen Verhältnisse nicht mehr dem zeitgemäßen Standard entsprachen. Der Zweite Weltkrieg machte derlei Pläne zunichte. Allerdings war man schon kurz nach dem Krieg, nämlich 1949, in der Lage, eine Erweiterungsbau zu beschließen. Nun konnten 205 Patienten hier behandelt werden, ein Wirtschaftsgebäude und ein Schwesternwohnheim kamen dazu.

Die Boom-Jahre in den 1960ern führten zu weiteren Bauplänen. Nun sollte ein Neubau her. Man schaffte es zunächst nur, den Standort festzulegen: Auf dem Stumpenhof sollte das moderne Krankenhaus entstehen. Doch es kam nichts in Gang. Die Kreisgebietsreform und ein neues Krankenhausfinanzierungsgesetz ließen das Projekt immer wieder stocken. Der Hickhack zwischen Landkreis und Land dauerte bis 1980. Dann erlaubte das Sozialministerium, endlich richtig zu planen – und nun gelang es.

Am 25. Juni 1986 wurde das Krankenhaus Plochingen auf dem Stumpenhof eingeweiht. 170 Betten standen zur Verfügung. Anfangs war das Haus gut belegt, doch die Auslastung sank schon nach wenigen Jahren. Weil die Chirurgie so gut war, dass die Patienten schnell wieder raus aus dem Krankenhaus waren, erklären seine Anhänger. Der Esslinger Kreistag will Ende der 90er-Jahre die Chirurgie schließen, um Kosten zu sparen. Die Plochinger und die umliegenden Gemeinden protestieren und demonstrieren. Schließlich bleibt eine kleine chirurgische Kurzzeit-Abteilung erhalten.

Der in der Chirurgie frei werdende Platz wird für die Psychiatrie genutzt. In diesem Fachgebiet fehlten dem Landkreis eigene Betten. Nach dem Umbau 2002 standen noch 150 Betten für Psychiatrie und Innere zur Verfügung. Inzwischen gibt es auch diese Abteilungen nicht mehr. Weil die Kreiskliniken Esslingen jedes Jahr Defizite erwirtschaften, sah sich der Kreistag unter Druck. 2013 wurde die Innere Medizin nach Kirchheim verlegt. 2014 fiel das kleinste Kreiskrankenhaus den Sparplänen ganz zum Opfer. Im November wurde es endgültig geschlossen, die Patienten der Psychiatrie – der letzten Station in Plochingen – sind nach Kirchheim umgezogen.

Die Plochinger haben lange für den Erhalt „ihres“ Krankenhauses gekämpft – sie hingen daran. Doch sie verloren. „Uns fehlt nicht nur die ortsnahe stationäre Versorgung“, führte Stadtrat Jörg Eberle (CDU) in einer der vergangenen Gemeinderatssitzungen aus. „Nein, uns fehlt auch der Röntgenarzt, der ambulante Internist, die chirurgische und internistische Notfallversorgung auch bei Nacht und am Wochenende und auch die gute Cafeteria.“