Lokales

Haushalt im Höhenflug

Neidlingen: Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer

Noch nie war das Neidlinger Haushaltsvolumen so hoch wie im Jahr 2015. Noch die zuvor war die veranschlagte Gewerbesteuer so hoch, noch nie war die Zuführung an den Vermögenshaushalt so hoch. Das heißt aber nicht, dass die Gemeinde nun im Geld schwimmt. Das zeigt ein genauerer Blick.

PETER DIETRICH

Neidlingen. Mit 8,3 Millionen Euro ist das Gesamtvolumen das höchste in der Geschichte Neidlingens. Das wäre nichts Besonderes, läge der Anstieg im Rahmen der Inflation. Der Sprung nach oben ist jedoch viel größer, dies liegt jedoch nicht an großen Investitionen der Gemeinde. Ein Grund ist die Gewerbesteuer: Durch eine Umfirmierung verschoben sich 1,2 Millionen Euro, die eigentlich schon 2014 fällig waren, ins Jahr 2015. Nicht nur dadurch vollführte die Gewerbesteuer im Jahr 2014 eine wahre Achterbahnfahrt. Nach 312 000 Euro im Jahr 2013 hatte die Gemeinde im Jahr 2014 zuerst 750 000 Euro erwartet. Im Finanzzwischenbericht hat sie diese Erwartung auf 906 000 Euro nach oben korrigiert. Im zweiten Halbjahr hat sie zeitweise 1,8 Millionen Euro erwartet. Das Jahr abschlossen hat sie dann – da sich 1,2  Millionen ins nächste Jahr verschoben – mit 644 000 Euro. Kann man damit einen soliden Haushalt planen? Nein, das ist bei solchen Schwankungen unmöglich. Zusammen mit den nachzuzahlenden 1,2  Millionen erwartet die Gemeinde im Jahr 2015 nun insgesamt 2,5  Millionen Euro Gewerbesteuer. Dieser Rekordwert liegt – wenn es denn tatsächlich so kommt – noch über den bisherigen Rekordeinnahmen von 2008.

Die Grundsteuer A und B werden relativ konstant mit 271 000 Euro veranschlagt, die beiden Steuerhebesätze bleiben konstant. Ein weiterer großer Brocken ist der Einkommensteueranteil, er liegt erneut bei einer knappen Million Euro. Die „Schlüsselzuweisungen nach mangelnder Steuerkraft“ steigen von gut 400 000 auf gut 550 000 Euro. Dies liegt daran, dass die Berechnungsgrundlage immer zwei Jahre zurückliegt und das Jahr 2013 in Neidlingen finanziell eher schlecht war. Damit hängt auch zusammen, dass die abzuführende Kreisumlage deutlich sinkt, auf nun 441 000 Euro, auch die zu zahlende Finanzausgleichsumlage geht um rund 77 000 Euro zurück. Rechnet man diese und noch ein paar weitere Mehreinnahmen und Minderausgaben zusammen, kommt die Gemeinde gegenüber dem Vorjahr auf ein Plus von fast zwei Millionen Euro. Damit erreicht die Zuführung an den Vermögenshaushalt die noch nie da gewesene Höhe von 2,2 Millionen Euro.

Doch zu diesem guten Wein hatte Weilheims Kämmerer Sascha Schneider im Neidlinger Gemeinderat sogleich das Wasserglas parat. Schon im Jahr 2016 werde die Zuführung aus heutiger Sicht wieder leicht negativ sein, in den Jahren 2017 und 2018 kaum besser. Die finanzielle Lage der Gemeinde Neidlingen beschrieb er als „derzeit zufriedenstellend gut“. Doch nach wie vor seien größere und nicht unbedingt zwingende Investitionen kritisch zu hinterfragen,

Geplant sind eine Fluchttreppe und eine Fluchtrampe für die Schule für rund 100 000 Euro, ebenso 100 000 Euro für die seit Langem in Arbeit befindliche Sicherung des Mühlkanals. Für das Dach der Reußensteinhalle sind weitere 100 000 Euro vorgesehen. Auf dem Dach bilden sich seit Jahren Blasen, der Gemeinderat muss zwischen einer Behelfsreparatur und einer grundlegenden Sanierung entscheiden. Für die Wasserleitungen der Reußensteinhalle sind 25 000 Euro eingeplant, für die Befreiung von Straßenlampen von den ab 2015 verbotenen Quecksilberdampflampen 35 000 Euro. Ob der Landkreis im Wasserschlossweg 4 Asylbewerber unterbringen will, ist noch nicht klar, vorsorglich sind für die Sanierung oder den Erwerb von Containern 100 000 Euro vorgesehen.

Der allgemeinen Rücklage können im Jahr 2015 mehr als 1,6 Millionen Euro zugeführt werden, neue Schulden gibt es keine. Im Jahr 2014 hat die Gemeinde einen fälligen Restkredit abgelöst, 2015 wird planmäßig getilgt, somit sinkt die Pro-Kopf-Verschuldung bis zum Jahresende drastisch auf 475 Euro. Der Planwert für Ende 2014 lag noch bei 727 Euro.

Das ist allerdings, nun kommt die zweite Portion Wasser in den Wein, nur die halbe Wahrheit. Stecken doch in der Neidlinger Wasserversorgung Ende 2015 weitere 342 Euro Schulden pro Einwohner. Um diesen hohen Verlustvortrag abzubauen, was bisher kaum gelang, werden die Wassergebühren im Jahr 2016 wahrscheinlich steigen.

Der Beschluss des Haushalts ist für den 30. März geplant.

DER ETAT IN ZAHLEN

Haushaltsvolumen 8,30 Mio. Euro (2014: 4,84 Mio.)

Verwaltungsetat5,95 Mio. Euro

(3,95 Mio. Euro)

Vermögensetat 2,35 Mio. Euro

(887 000 Euro)

Gewerbesteuer 2,50 Mio. Euro (Abschluss 2014: 644 000 Euro)

Einkommensteueranteil 969 000 Euro (999 000 Euro)

Grundsteuer A und B 271 000 Euro (264 000 Euro)

Pro-Kopf-Verschuldung 475 Euro

(727 Euro)