Lokales

Lauter kleine Sonneborns

Die Partei „Die Partei“ hat am Wochenende ihren Esslinger Kreisverband gegründet

Sie wollen ein Esslingen in den Stadtgrenzen von 1 241. Aber bitteschön: mit mehr Parkplätzen. Die Spaßguerilla von der Partei „Die Partei“ greifen in der Region nach der Macht.

Gruppenbild mit hölzernem Sonneborn: Julian Heinkele, Lucas Emanuel Strehle, Hannah Wölfl, Wolfgang Bastian, Martin Sonneborn, J
Gruppenbild mit hölzernem Sonneborn: Julian Heinkele, Lucas Emanuel Strehle, Hannah Wölfl, Wolfgang Bastian, Martin Sonneborn, Jörg Bewernick, der Esslinger OB-Kandidat Michael Hänßler und Joachim Schneider (von links).Foto: Roberto Bulgrin

OLIVER STORTZ

Kreis Esslingen. Drei Monate nach dem Einzug des früheren Titanic-Chefs Martin Sonneborn ins Europäische Parlament haben seine Satirejünger jetzt im verrauchten Hinterzimmer einer Neuhausener Kneipe den Kreisverband Esslingen gegründet. Populistisch, schmierig und „konsequent inhaltsleer“ werde man auftreten, verspricht der frisch gekürte Kreisvorsitzende Jörg Bewernick. Sonneborn goutiert das mit gleichgültigem Blick. Er kann nicht anders. Weil der Spiritus rector in Brüssel unabkömmlich ist, haben die Seinen sich ersatzweise einen hölzernen Grüß-Gott-Onkel mit dessen Visage gezimmert.

Ganz so inhaltsleer wie versprochen ist die Programmatik der „Partei“ dann doch nicht. Der Name selbst ist zugleich Abkürzung für „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“. Und in den Esslinger Oberbürgermeisterwahlkampf zieht Kandidat Michael Hänßler mit ziemlich konkreten Ideen: Die Pliensauvorstadt soll weichen („plattmachen“), an ihrer statt ein großflächiges Park&Ride-Areal mit Shuttlebus-Anbindung in die Innenstadt entstehen. Die Zukunft der ehemals freien Reichsstadt sieht Hänßler ohnehin als Tourismusressort: Laufe der Stuttgarter Talkessel – wie von der „Partei“ prophezeit – wegen der Bauarbeiten für ein nicht näher benanntes Bahnprojekt mit Mineralwasser voll („Stausee 21“), könne Esslingen mit seiner Strandpromenade Besucher anlocken. Um die Wohnqualität auch auf den Fildern zu erhöhen, fordern die Satiriker den Bau eines neuen unterirdischen Durchgangsflughafens. Die für den Bau des Flughafenbahnhofs eingesetzte Tunnelbohrmaschine solle für diesen Zweck „schon mal abzweigen“ und unter der Startbahn „vorbohren“, konkretisiert Vorstandsmitglied Wolfgang Bastian die Überlegungen.

Ist das alles noch Satire – oder ist das schon Klamauk? Statt Sonneborns trockenem Humor prägen die Esslinger Niederlassung der „Partei“ eher feuchtfröhliche Hinterzimmerdiskussionen. „Wir können auch ohne Alkohol fröhlich sein“, sagt Bastian. Den Beweis bleiben die Satiriker im obligatorischen Polyesteranzug von einer Modekette mit zwei Buchstaben aber schuldig. Beim Fototermin, für den auch der hölzerne Sonneborn ins Freie getragen wird, fehlt das Henkelglas jedenfalls nicht. Dass man sich überwiegend mit „Wirtschaftspolitik“ im engeren Wortsinne befasse, daraus macht Bewernick keinen Hehl.

Statt einer Stabsstelle wie die etablierten politischen Mitbewerber leistet sich die junge Kreispartei denn auch nur eine „Stäbchenstelle“ fürs administrative Tagesgeschäft. Die leitet Hannah Wölfl, die einzige Frau im Bunde. Sie organisiert auch den Wahlkampf des OB-Kandidaten Hänßler. Wie das geht, haben die Satiriker sich bei den anderen Parteien abgeschaut: Kinderschminken in der Fußgängerzone und so.