Lokales

Neuer Wind statt neuer Schulden

Erste Bilanz der Grünen-Landtagsabgeordneten im Landkreis Esslingen

Ein Jahr nach der Landtagswahl, die zur Ablösung der schwarz-gelben Koalition durch die neue grün-rote Regierung geführt hatte, ziehen die Grünen-Abgeordneten im Kreis eine erste Bilanz ihrer Arbeit. Hermann Sommer, Schatzmeister des Kreisverbands, sprach gestern von einer „Erfolgsgeschichte.“

Esslingen. Die Erfolgsgeschichte, auf die Hermann Sommer zu Beginn der Pressekonferenz im Alten Rathaus in Esslingen verwiesen hatte, ergänzten Andreas Schwarz und Andrea Lindlohr noch um die notwendigen Zahlen und Fakten zu den wichtigsten Stichworten der aktuellen Landespolitik. Die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten aus den Wahlkreisen Kirch­heim und Esslin­gen sprachen zugleich auch für ih­ren Fraktionskollegen aus dem Wahlkreis Nürtin­gen, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der gestern andere terminliche Verpflichtungen hatte.

Zu den Finanzen sagte die Esslingerin Andrea Lindlohr: „Die Haushaltspolitik des Landes war erfolgreich in der Zeit der grün-roten Verantwortung. Wir mussten 2011 und 2012 keine neuen Kredite aufnehmen.“ Zwar liege das unter anderem an vergleichsweise hohen Steuereinnahmen, „aber es gab trotzdem eine Deckungslücke, die wir durch Einsparungen geschlossen haben.“

Der Kirchheimer Andreas Schwarz bekannte sich gestern klar zur Kommunalpolitik: 32 von 36 Mitgliedern der Grünen-Fraktion im Landtag kämen wie er aus der Kommunalpolitik. Das schlage sich nun auch in der Landespolitik nieder: „Der Haushalt 2012 ist für die Kommunen sehr gut aufgestellt.“ Außer für die Kleinkindbetreuung übernehme das Land nun auch Kostenanteile für die Schulsozialarbeit, die früher aus Sicht der Landespolitik als „rein kommunale Aufgabe“ gegolten habe.

Die Betreuungsquote soll ab 2013 von bislang 20 auf 33 Prozent gesteigert werden. Die Finanzierung habe die Regierung durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer sichergestellt. Allein die Stadt Kirchheim erhalte künftig jährlich 900 000 Euro mehr für die Kleinkindbetreuung, bei der es zum einen um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum anderen aber auch um den sozialen Faktor sowie um die Bildung gehe.

Die Schulpolitik wiederum bezeichnete Andrea Lindlohr als „eine der größten Verantwortungen, die wir als Landtagsabgeordnete haben“. In erster Linie verteidigte sie gestern das Konzept der Gemeinschaftsschule. Die Gemeinschaftsschule solle weder ein Schulexperiment werden noch „eine neue Variante der Restschule“. Wenn eine Schule umgestellt werde, dann langsam und von Klasse 5 an aufwärts. Wichtig sei, dass die Bildungspläne aller Schularten an einer Gemeinschaftsschule eine Rolle spielen. Andreas Schwarz nannte ein pädagogisches Konzept entscheidend, das die individuelle Förderung der Schüler ermöglichen soll. Außerdem plädierte er für eine regionale Schulentwicklungsplanung, bei der die Kommunen auch über den eigenen Kirchturm hinausschauen und mit Nachbarkommunen zusammenarbeiten müssten.

Ein weiteres wichtiges Thema war gestern die Entwicklung des Verkehrs. Für Andreas Schwarz gehört zum Konzept einer „nachhaltigen Mobilität“ das Prinzip: „Erhalt der Infrastruktur geht vor Neubau“. Deshalb habe die Landesregierung die Mittel für Straßensanierungen verdoppelt – von 50 Millionen auf 100 Millionen Euro. Ein Teil dieser Mittel fließe auch in seinen Wahlkreis: in die Erneuerung der Fahrbahndecke auf der L 1200 zwischen Jesingen und Holzmaden. Zum ÖPNV denkt Andreas Schwarz darüber nach, ihn mit dem individuellen Verkehr zu verknüpfen und beispielsweise an jeder S-Bahn-Station Elektrofahrzeuge bereitzustellen, deren Nutzung in die Tarifstruktur des VVS eingebunden ist.

Der Volksentscheid zu S 21 spielte gestern natürlich auch eine Rolle. Andrea Lindlohr zeigte sich überzeugt davon, dass diese Form der Bürgerbeteiligung richtig war – obwohl es „für uns Grüne eine Niederlage in der Sache war“. Das Volk als „direkter Gesetzgeber“ habe in diesem Fall eben anders entschieden. Trotzdem sei allein schon die hohe Beteiligung am Volksentscheid als Erfolg zu werten.

Auf Beteiligung der Bürger hoffen die Grünen auch beim Thema Windkraft. Nach Jahren der „Windkraftverhinderungspolitik“ in Baden-Württemberg sei nun das Ziel, den Anteil der Windenergie bis 2020 von einem Prozent auf zehn Prozent zu steigern. Im Schurwald sei das einfacher als in den diversen Schutzgebieten am Albtrauf rund um Kirchheim, meint Andreas Schwarz. Aber nach Standorten werde überall gesucht. Dann seien Bürger und Kommunen gefragt, sich beispielsweise an Projektgesellschaften zu beteiligen. Wann sich aber das erste Windrad hier drehen werde, darauf wollte sich Andreas Schwarz nicht genau festlegen lassen: „Das Land stellt ja nur den Rahmen dafür zur Verfügung.“