Kirchheim. Er hat die Menschen entflammt für Freiheit und Demokratie: Gut 1 500 Personen versammelten sich laut Dr. Eberhard Sieber, der das Leben Friedrich Tritschlers, schriftlich gewürdigt hat, beispielsweise am 2. April im Jahr 1848 auf dem Platz der „Kaserne“, dem Freihof, in Kirchheim. Hobbyhistoriker Anne Kenner rechnet anhand der Einwohnerzahlen hoch: „Damals war jeder dritte Kirchheimer vor Ort – heut wären das glatt über 13 000 Menschen“, macht er klar.
Einst mobilisierte der Kirchheimer Seifensieder also die Massen. In jüngster Zeit trieb er vor allem den Kirchheimer Gemeinderat um. Nicht etwa aufgrund seines umstürzlerischen Gedankengutes, sondern einfach deshalb, weil immer wieder Anläufe unternommen wurden, den lange Zeit in Vergessenheit geratenen Seifensieder endlich zu würdigen. Konservative und progressive Kreise sind sich in diesem Vorhaben einig.
Jetzt sind die Würfel gefallen: Aus Historikerkreisen wurde der Wunsch laut, den Platz am Freihof nach Friedrich Tritschler zu benennen. – Nirgendwo anders sei der Bezug größer, so die Argumentation. Allerdings hat sich der Name „Freihof“ für das Areal längst eingeprägt, zudem handelt es sich nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche, wie die Verwaltung zu bedenken gab. Deshalb will man‘s dort bei einer Tafel bewenden lassen.
Im Ältestenrat wurde die Lösung in Sachen Straßennamen geboren: Ein Platz im künftigen Steingau-Quartier soll dem berühmten Republikaner und Revolutionsführer gewidmet werden. Der zentrale Quartiersplatz sowie die hinführende Straße werden also eines Tages den Namen Johann Friedrich Tritschler tragen. Hinter dieser Entscheidung können die geschichtsbewussten Stadträte jeglicher Couleur stehen.
Friedrich Tritschler kam 1810 in Kirchheim als Spross einer ehrwürdigen Seifensiederfamilie zur Welt. Als wandernder Geselle kam er in Frankreich mit revolutionären Gedanken in Berührung. Wieder daheim, engagierte er sich politisch. Seine Rednergabe war legendär. Tritschler richtete mit anderen eine Petition an den Landtag, in der ein gesamtdeutsches Parlament und Pressefreiheit gefordert wurden. Als Vorsitzender der Bürgerwehr organisierte er nach Sprengung der Nationalversammlung einen friedlichen Freischarenzug zur Verteidigung bürgerlicher Freiheiten. Als die Demokraten scheiterten, floh er nach Amerika, wo er glücklos und verarmt mit 49 Jahren starb.