Lokales

„Schwätzen statt hetzen“

Marathonsieger Herbert Steffny macht in der Kirchheimer Stadthalle Lust auf Bewegung

Gute Nachrichten für alle, die sich mehr Bewegung zum Ziel gesetzt haben, hatte Marathonsieger Herbert Steffny bei seiner Visite in Kirchheim im Gepäck: Es ist nie zu spät zum Anfangen, und niedrigeres Tempo ist gegenüber schnellem sogar vorzuziehen. „Schwätzen statt hetzen“ heißt die Devise.

Laufen ist gesund. ¿ Zumindest, wenn die Dosierung stimmt.Archiv-Foto: Jörg Bächle
Laufen ist gesund. ¿ Zumindest, wenn die Dosierung stimmt.Archiv-Foto: Jörg Bächle

Kirchheim. Über 120 Leute waren trotz Grillwetters und Relegationsspiels der Einladung der AOK in die Stadthalle gefolgt, um „Laufpapst“ Herbert Steffny zu lauschen. – Gut ein Viertel darunter absolute Laufneulinge und ebenso viele mit Marathonerfahrung, wie der Fitnessexperte in einer kurzen Befragung ermittelt. Schließlich muss der Mann wissen, mit wem er es zu tun hat. Als mehrmaliger Marathonsieger und Olympiateilnehmer kann er drahtige Asketen ebenso bedienen wie übergewichtige Laufeinsteiger – immerhin ist Steffny mittlerweile 58 Jahre alt und bezeichnet sich als Genussläufer. Als Gourmet ist ihm das Laufen – mindestens dreimal die Woche – hilfreich im Kampf gegen ungewollte Pfunde.

„Man muss nicht bolzen“, machte er den Zuhörern gleich zum Einstieg klar, als er ein wunderschönes Bergpanorama mit Wanderern präsentiert. Spazierengehen, wandern, walken mit und ohne Stöcke, Rad fahren – all diese preist Steffny als probate Alternativen zum Laufen. „Bitte nicht päpstlich sein“, warnt er vor zu hohen Ambitionen. Über den Daumen gepeilt sei beim Ausdauersport die Länge stets entscheidender als die Intensität: „Schwätzen statt hetzen“, rät Steffny.

Anfängern rät der passionierte Läufer, nach dem Okay des Arztes erst gute Schuhe zu kaufen und sich dann gleich einem Lauftreff anzuschließen. „Dort trifft man positiv eingestellte Leute“, argumentiert Steffny und spricht den Kampf mit dem inneren Schweinehund an: „Wer sich verabredet, bleibt eher bei der Stange“. (Nordic) Walken oder Joggen auf flacher Strecke, dreimal die Woche eine halbe Stunde lang, das genügt für den Einstieg. Wer langfristig mehr will, wird das spüren. „Führen Sie ein Trainingstagebuch“, rät Steffny allen Neulingen.

Für alle, die länger dabei sind, hat der Fitnesstrainer und Bestsellerautor auch Warnungen bereit: Ausdauertraining bedeute keineswegs, ständig bis an die Grenzen zu gehen. „Ein Drittel der Läufer läuft zu schnell“, bilanziert er mit Blick auf seine persönliche Wettkampfvorbereitung, die stets überwiegend sehr weit unter dem Wettkampftempo lag. Zwar spreche nichts gegen eine gelegentliche schnelle Trainingseinheit, aber wichtig seien langsame Läufe: „One day hard – one day easy“, rät Steffny zu einem gesunden Mischmasch. Hin und wieder eine Nordic-Walking-Einlage oder eine Wanderung schade keinem Läufer und lasse sich zudem auch gut mit der Familie verbinden.

Apropos Familie: In Laufseminaren für Paare hat Steffny die Erfahrung gemacht, dass schon bald die Männer vorne joggen, nicht selten keuchend am Limit. Die Frauenrunde folgt hinten – quasselnd, versteht sich. Steffny rät den Herren der Schöpfung, sich an ihren Gattinnen ein Beispiel zu nehmen.

Ganz so locker kann Steffny die Lauferei freilich nicht immer genommen haben. – Sonst wäre er wohl kaum jahrelang Weltelite-Läufer gewesen. Für seine Jünger im Kirchheimer Publikum, die auf Rekorde zielen, hat er daher auch Tipps parat, etwa in Form konkreter Trainingspläne. Mittlerweile allerdings hat der Genussläufer eindeutig eher jene im Visier, die einfach gesund älter werden möchten. „Jede Form von Bewegung ist besser als Nichtstun“, ermuntert er sein Publikum, im beginnenden Sommer die Couch zu verlassen.Foto: Jean-Luc Jacques