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„Wir werden überflutet von Normen“

Kreisbauerntag in Dettingen mit Hauptrednerin Dr. Nicola Schelling zum Thema Flächenverbrauch

Die Direktorin des Verbandes Region Stuttgart, Dr. Nicola Schelling, war Hauptrednerin beim Kreisbauernverband in Dettingen. Neben ihrem Vortrag gab es Tänze, Ansprachen sowie die Auszeichnung verdienter Ortsobmänner, Fachschul­absolventen und Höfe.

Dr. Nicola Schelling sprach über das Thema „Fläche - ein hohes Gut in der Region Stuttgart“.Foto: Deniz Calagan
Dr. Nicola Schelling sprach über das Thema „Fläche - ein hohes Gut in der Region Stuttgart“.Foto: Deniz Calagan

Dettingen. Die Volkstanzgruppe der Landjugend Nürtingen eröffnete mit einer beschwingten Polka die Veranstaltung in der Schlossberghalle in Dettingen. Kreisvorsitzender Siegfried Nägele hob in seiner Begrüßung auf die vielfältige Landwirtschaft im Landkreis Esslingen ab. In einer Grundsatzrede, die von der „satten Gesellschaft“ der nördlichen Erdhalbkugel bis zu den Bauernhöfen reichte, zeigte Nägele Sorgen und Nöte der Landwirtschaft auf.

„Wir werden überflutet von Normen und Regelungen“, klagte der Vorsitzende. Er betonte jedoch, dass seine Mitglieder nicht gegen den Boden- und Artenschutz wären, sondern dass sie nur einen vernünftigen Umgang mit der Thematik forderten. Einige Normen würden schlicht und ergreifend nicht mehr verstanden. Nägele kritisierte auch zusätzliche Sperrfristen beim Grünland und die Novellierung der Düngerverordnung. Trotz aller Widrigkeiten werde sich sein Verband weiter in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen, betonte er. Die Mitglieder bat er um Unterstützung und postulierte: „Wir lassen uns nicht kleinkriegen.“

Für die Gemeinde Dettingen sprach der stellvertretende Bürgermeister Rainer Kuhn und hieß die Bauern als „ständigen Gast“ willkommen. Er betonte, dass auf Dettinger Gemarkung 40 000 Streuobstbäume stünden, und dass im Ort seit Langem die Innenentwicklung angegangen werde.

Landrat Heinz Eininger brachte das „Internationale Jahr des Bodens“ ins Spiel und erinnerte daran, dass der Boden die Werkbank der Landwirtschaft sei. Er kritisierte die Verwendung fruchtbarster Böden für Ausgleichsmaßnahmen: „Hier müssen wir künftig mehr Hirnschmalz einsetzen“.

Für das Hauptreferat zum Thema „Fläche – ein hohes Gut in der Region Stuttgart“ hatte der Bauernverband eine profunde Kennerin der Materie verpflichten können. Die Referentin Nicola Schelling steht als Direktorin dem Verband Region Stuttgart vor. Schelling stellte ihren Ausführungen grundsätzliche Dinge wie den demografischen Wandel und die Mobilität voran. Die Region habe 2,67 Millionen Einwohner; somit lebten ein Viertel der Landeskinder im Großraum Stuttgart. Trotzdem gebe es noch 80 Prozent Freiraum in der Region.

„Wer hat Vorrang bei der Flächennutzung?“, so lautet der Direktorin zufolge die ewige Fragestellung. Die Region gehe strukturiert vor. Das Prinzip der Entwicklungsachsen sei prägend. Es werde auf den sparsamen Umgang mit Flächen und den Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung geachtet. Die Regionalplanung zeige Grünzüge und Grünzäsuren auf, in denen nur in begründeten Ausnahmefällen gebaut werden dürfe. Als Wermutstropfen in der boomenden Region nannte Schelling die „Verstädterung“ auf den Fildern und die Vervielfachung der Siedlungsfläche seit Kriegsende. Die Landwirtschaft sei durch das Wachstum und den Flächenverbrauch stark betroffen. Für die Region gelte es daher, die Balance zwischen Wachstum und Freiraum zu halten.

Anschließend gab es auch kritische Anmerkungen zum Vortrag der Regionaldirektorin. „Ich hätte gerne gehört, wo und wie Sie wertvolle Landwirtschaftsflächen erhalten“, lautet eine Frage. Ein anderer Besucher kritisierte die Weiterführung der U 6-Linie vom Fasanenhof zur Messe. Siegfried Nägele fragte, weshalb für Ausgleichsmaßnahmen nicht Konversionsflächen wie Bunkeranlagen genommen würden. Die Regionaldirektorin ging auf die Themen ein und erwähnte, dass einige Infrastrukturprojekte der Stau­abwehr und der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs dienten.

Ein Tanz der Landjugend erfreute erneut, ehe die langjährigen Ortsobmänner Gunthard Berger aus Hegenlohe, Eugen Epple aus Ruit, Werner Krieg aus Frickenhausen, Siegfried Rau aus Notzingen, Hans Schempp aus Erkenbrechtsweiler, Heinrich Schnizler aus Kappishäu­sern und Paul Ziegler aus Baltmannsweiler vom Landrat für ihre ehrenamtliche Arbeit geehrt wurden. Eininger zeichnete außerdem etliche Betriebe für die Aktion „Gläserne Produktion“ aus. Das Hofschild „Lernort Bauernhof“ erhielten die Familien Fetzer aus Aichwald und Gröber aus Wendlingen.

Zum erfolgreichen Abschluss im Ausbildungsberuf Landwirt durfte Jacqueline Diehl, Christoph Illi, Katja Kächele, Jörg Kimmich, Florian Kranichsfeld, Markus Scherrmann, Martin Schöllkopf, Martin Thierberger, Pia Wallner und Franz Woisetschläger gratuliert werden. Dasselbe widerfuhr Salina Nosko und Jan Schiller im Beruf Winzer, Dieter Häußler als Landwirtschaftsmeister sowie Ann-Kathrin Barth, Jasmin Gruber, Anna-Maria Rieker, Antonia Schreiner, Sigrid Vogt, Sylke Wacker, Simone Widmann, Sabine Wöhr und Renate Wursche bei den Hauswirtschafterinnen.