Leipzig. Nach seiner deutschen Jahresbestleistung von 6,59 Sekunden vor zwei Wochen in Sindelfingen war der Schützling von Trainer Micky Corucle mit großen Erwartungen nach Leipzig gefahren. Doch die Zuversicht erlitt schon beim Warmlaufen einen herben Dämpfer: Die Wade schmerzte. „Der Muskel hat zugemacht“, sagt Corucle. Möglicherweise war die lange Anfahrt mit dem Auto mit diversen Umwegen wegen Autobahnstaus die Ursache dafür.
Schaf ließ es sich trotzdem nicht nehmen, an den Start zu gehen. „Das rechne ich ihm hoch an. Er ist am Anfang wie auf Eiern gelaufen und hat am Start immer ein Zehntel verloren“, berichtet sein Trainer. Aber wenn er dann ins Laufen kam, rollte er das Feld von hinten auf. Über 6,74 Sekunden im Vorlauf und 6,69 im Zwischenlauf qualifizierte sich der bullige Bundeswehrsoldat für das mit Spannung erwartete Finale, das alle Favoriten vereinte.
Mit dem besten Start (Reaktionszeit 0,146 Sekunden) ging Christian Blum vom TV Wattenscheid in 6,61 Sekunden als Sieger durchs Ziel. Es war sein vierter deutscher Meistertitel unter dem Hallendach. Mit seiner Siegerzeit erfüllte er die WM-Norm. Ob er in zwei Wochen in Sopot/Polen an den Start gehen wird, ließ er offen. Die Freiluftsaison ist ihm wichtiger: „Ich will im Sommer wieder vorne mitmischen, das ist mir seit 2007 nicht mehr gelungen.“ Vizemeister wurde zeitgleich der Berliner Lucas Jakubczyk. Alex Schaf kam schwer aus den Startblöcken (0,174), verwies aber in 6,64 Sekunden Julian Reus vom TV Wattenscheid (6,66, im Zwischenlauf 6,63) auf den undankbaren vierten Platz, gefolgt von Aleixo Platini Menga (Bayer Leverkusen/ebenfalls 6,66). VfB-Junior Müller kam in beachtlichen 6,85 Sekunden bis ins Halbfinale.
Trotz seines Handicaps hat Schaf bewiesen, dass seine Jahresbestzeit von Sindelfingen kein Zufall war und er zurzeit zur absoluten deutschen Spitzenklasse gehört. Mit Platz drei unterstrich er erneut seine Anwartschaft auf Wiederaufnahme in den DLV-Kader, aus dem er 2013 nach langwieriger Verletzungspause ausgeschieden war. Natürlich wäre der DM-Titel das bessere Argument dafür gewesen. Corucle: „Jetzt müssen wir vorerst eben wieder kleinere Brötchen backen. Aber Alex ist in der Lage, noch schneller zu laufen.“