Lokalsport

Eine Statistik, die keiner braucht

Handball In den Ligen auf Bezirksebene vermitteln Tabellen seit Jahren ein schiefes Bild, weil Vereine selbst bestimmen können, wann sie spielen und wann nicht. Von Bernd Köble

Für Sportbegeisterte gehört er am Ende eines jeden Wochenendes zur Routine: der Blick auf die Tabelle. Er macht glücklich, frustriert, gibt den Anstoß zu Analysen und Prog­nosen und setzt den Erfolg in Relation. Bestenfalls. Anhänger des lokalen Handballgeschehens verbindet hingegen seit Jahren ein gemeinsames Problem: eine Tabelle ohne jede Aussagekraft.

Die Handball-Bezirksliga im Bezirk Esslingen-Teck, dank vier darin vertretener Teckvereine, wirkt in diesem Jahr als besonderer Magnet. Vier Spieltage sind durch, doch über den Tabellenplatz entscheidet nicht allein der Erfolg, sondern mehr noch die Zahl der absolvierten Spiele. Die Maximalzahl vier haben nur fünf der insgesamt zwölf Bezirksligisten auf dem Konto. Dahinter geht es dicht gestaffelt weiter. Bis hin zur zweiten Mannschaft des TSV Wolfschlugen, für die die Saison mit dem vierten Spieltag am vergangenen Samstag gerade begonnen hat. Ein für viele nervendes Relief, das nicht selten erst auf der Saisonzielgeraden im neuen Jahr geglättet wird.

Und weshalb das Ganze? Aus mehreren Gründen. Einer davon: Die Handballverbände sind seit Längerem bestrebt, die Sommerpause so kurz wie möglich zu gestalten. „Früher war in der dritten Märzwoche Schluss“, sagt Bezirks-Staffelleiter Roland Dotschkal. „Heute geht die Saison mit der Relegation manchmal bis Pfingsten.“ Das macht im Mittel sechs Wochen mehr, die Zahl der Begegnungen ist aber gleich geblieben. Die unteren Ligen mit einem Zwölferfeld haben dabei dasselbe Zeitfenster zu füllen wie die höheren Spielklassen, wo mehr Mannschaften im Rennen sind. In der Landesliga sind es vierzehn, in der Württembergliga fünfzehn und in der BWOL derzeit sogar sechzehn Teams.

Für die Bezirksmannschaften entsteht daraus ein Luxus: Spiele sind fast frei terminierbar. Wochenenden mit vollem Programm und sechs Begegnungen gibt es in dieser Bezirksliga-Saison ganze vier. In den Spielklassen darunter oder auch in anderen Handball-Bezirken im HVW sieht es ähnlich aus. „Solange Vereine sich an den vorgegebenen Rahmenterminplan halten,“ sagt Roland Dotschkal, „ist fast alles möglich.“ Die Bezirksligen einfach aufstocken? „Schwierig“, meint Dotschkal, schließlich gehe der Trend hin zu immer weniger Mannschaften.

Ein weiterer Grund für das Termin-Chaos: Viele Vereine haben nicht nur ein Problem mit verfügbaren Hallenzeiten, sondern auch Interesse an kompletten Heimspieltagen. Die „Zweite“ vor der „Ersten,“ das gilt in der Regel überall dort, wo höherklassige Mannschaften am Start sind. Wer handballerische Gleitzeiten einräumt, rennt bei den meisten Vereinen deshalb offene Türen ein. Kurt Ostwald, langjähriger Vorsitzender im Handballbezirk Esslingen-Teck, kennt das Prob­lem seit vielen Jahren und weiß, dass man damit wohl wird leben müssen. „Mannschaften, die mit mehrwöchiger Verspätung in die Saison starten, gibt es jedes Jahr“, sagt er. Und warum existiert das Problem in den höheren Ligen nicht? Ostwald: „Je höher die Spielklasse, desto größer der Druck.“