Kirchheim. Hinter den Kulissen haben Silvia Kretzschmar und Sabrina Wohlleben ganze Arbeit geleistet. Beim weiblichen TG-Duo, zunächst regelrecht überrollt vom Erfolg ihres Fußball-Trainings für die Kirchheimer Flüchtlinge (wir berichteten), reifte zügig der Plan für den zweiten Schritt: möglichst viele der überwiegend aus Afrika stammenden Jungs in den Spielbetrieb der kommenden Runde zu integrieren. Jetzt hat die TG den Grundstein gelegt und vermeldet, dass sie in der neuen Saison mit einer zweiten Mannschaft in der Kreisliga B an den Start gehen wird.
Spielermangel herrscht nämlich nicht. Nach wie vor sind es weit über 20 Kicker, die mindestens drei Mal pro Woche zu Fuß, per Fahrrad oder Tretroller vom Flüchtlingsheim an die Jesinger Allee kommen, um mit Spaß und guter Laune Fußball zu spielen. „Wir hatten schon nach dem ersten Training festgestellt, dass viele gute Fußballer darunter sind“, stellt TG-Funktionär Wolfgang Kretzschmar fest, „aber nun machen die Jungs auch taktische Fortschritte.“
Dies ist auch ein Verdienst von Said Kenneth („das Angebot macht allen Freude“) und Munya Chonyera, die sich sofort bereit erklärt haben, in der kommenden Saison das neue Kreisliga-B-Team zu trainieren. Fußball ist für beide nicht graue Theorie, sie haben selbst aktiv gekickt. Die fußballerischen Qualitäten der Jungs aus der Dettinger Straße bekam zuletzt die „Erste“ der TG Kirchheim bei einem lockeren Trainingsspiel zu spüren: Das Flüchtlingsteam gewann gegen den A-Ligisten mit 7:4.
Die Übungseinheiten werden erste und zweite Mannschaft zusammen absolvieren, wobei die Grenzen zwischen den Teams wohl bald fließend sein werden. „Einige unserer neuen Spieler aus Afrika werden sicherlich den Sprung in die erste Mannschaft schaffen“, ist sich Wolfgang Kretzschmar („wir wollen mit der Mannschaftsmeldung auch ein Zeichen für Integration setzen“) sicher. Aktuell regiert im Hintergrund allerdings noch die Bürokratie. Die Pässe sind ordnungsgemäß beim Verband beantragt. Falls aus den Heimatländern der Flüchtlinge nun kein Veto kommt, steht den jungen Fußballern der Premiere auf der lokalen Fußballbühne nichts mehr im Wege. „Wir rechnen nicht damit, dass aus den Ländern überhaupt eine Reaktion kommt“, mutmaßt Kretzschmar. Die TG sorgt mit der neuen Mannschaft jedenfalls für ein Novum in der Region, womöglich sogar in ganz Deutschland.
Einer der Strippenzieher wird die weitere Entwicklung jedoch alsbald nur noch vom Rande verfolgen. Wolfgang Kretzschmar hat nach 18 Jahren an der TG-Abteilungsspitze – er trat bei der Turngemeinde 1997 die Nachfolge von Stefan Cserny an – seinen Rückzug angekündigt. „Ich möchte den Weg frei für einen Neuanfang machen“, betont das TG-Urgestein, das dem Verein seit 45 Jahren als Aktiver angehört. Dass auch das angespannte Verhältnis zum Fußball-Bezirk „viel Energie und Motivation geraubt hat“, gibt Kretzschmar offen zu. Der bisherige Trainer Israfil Kilic wird den Verein ebenfalls verlassen, zudem mindestens ein halbes Dutzend Spieler. Wer neuer TG-Abteilungsleiter wird? Eine außerordentliche Versammlung – der Sitzungstermin wird aktuell geprüft – soll es klären. Bewegte Zeiten bei der TG.