Lokalsport

Heißer Tanz am Tag der Einheit

Englische Woche in der Pro A beschert den Knights in Magdeburg einen Pflichtjob mit Tücken

Viele Schulterklopfer, aber keine Punkte. – Das knapp verlorene Heimspiel gegen Karlsruhe war eines von der Sorte, auf die man als Trainer lieber verzichten würde. Schon morgen kann es die Mannschaft von Frenkie Ignjatovic in Magdeburg besser machen. Doch angeschlagene Boxer und gedemütigte Aufsteiger haben eines gemein: Sie sind gefährlich.

Er läuft und läuft - Knights-Spielmacher Bryan Smithson legte am Samstag gegen Karlsruhe von allen Teamkollegen auf dem Spielfel
Er läuft und läuft - Knights-Spielmacher Bryan Smithson legte am Samstag gegen Karlsruhe von allen Teamkollegen auf dem Spielfeld den weitesten Weg zurück. Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Die gute Nachricht vorweg: Die Reise der Knights nach Magdeburg ist nicht in Gefahr. Dabei hatte jeder, der am Samstag in der Halle war, noch anderes befürchten müssen. Der Aufruf von Hallensprecher Daniel Zirn an alle Führerscheinbesitzer auf den Rängen, fiel zwar in die Sparte „Ungewöhnliches,“ lieferte aber immerhin den Beweis, dass man Problemen in Kirchheim pragmatisch begegnet. Ein Fahrer für den zweiten Kleinbus, mit dem Mannschaft und Betreuer schon heute Mittag an die Elbe starten wollen, ist intern jedenfalls gefunden. Knights-Sportchef Karl Lenger nahm die Werbeaktion, die beim einen oder anderen Zuschauer ungläubiges Staunen auslöste, hinterher auf seine Kappe: „Wir haben sechs Fahrer, von denen fünf diesmal verhindert waren“, nennt Lenger den Grund, weshalb er sich spontan dazu entschloss, den Fah­rerjob öffentlich auszuschreiben.

Gut gefahren ist Headcoach Frenkie Ignjatovic mit seiner Entscheidung, die neue Saison mit fünf neuen Gesichtern zu eröffnen. Aus einer leidenschaftlich kämpfenden Kirchheimer Mannschaft bis zur Halbzeitpause einen Namen hervorzuheben, war am Samstag so unmöglich wie überflüssig. Wollte man es dennoch tun, kam man an Max Rockmann nicht vorbei. Das einzig Negative am überragenden Auftritt des Flügelmannes in der ersten Hälfte: Die Gegner, die ihn künftig unterschätzen, werden wohl weniger. „Wir haben heute ein Team gesehen, das beherzt gekämpft und eine erkennbare Defense gespielt hat“, freute sich Lenger, dem das Auftreten der Mannschaft beim Heimdebüt wichtiger war, als das nackte Ergebnis. Nicht ganz so entspannt, sah es der Trainer, der neben viel Herz und Leidenschaft auch etliche Leichtsinnsfehler beobachten musste. Als ein eher schwerwiegender dürfte gelten, dass es den Gastgebern in der Schlussphase nicht gelungen ist, den mit vier Fouls belasteten Deon Mc  Duffie auf die Bank zu verbannen. Der junge und unerfahrene Marcel Davis wäre in einem hektischen Schlussviertel die einzige Alternative auf dieser Position gewesen. Doch stattdessen durfte Mc Duffie das Spiel beenden und sich als heimlicher Matchwinner feiern lassen.

„Erfahrung kann man nicht trainieren“, ist ein beliebter Satz des Coaches. Ein bisschen mehr davon hätte am Samstag wohl zwei Punkte gerettet. Dennoch wirbt Ignjatovic um Geduld für sein Team. „Mit der Leistung gegen Karlsruhe“, sagt er, „müssen wir uns um den Klassenerhalt keine Sorgen machen.“ Vielleicht auch deshalb, weil man einen erfahrenen Spieler wie Ben Beran in ähnlich schwacher Verfassung nicht mehr häufig erleben wird. Dem 28-jährigen Neuzugang, der erst Tage zuvor aus den USA eingetroffen war, saß der Jetlag sichtbar in den Beinen. Schon morgen in Magdeburg erwartet Ignjatovic einen anderen Auftritt des Amerikaners. Das gilt auch für Björn Schoo, der einen undankbaren Job zu verrichten hatte. Gegen den äußerst beweglichen Ferguson, der seine 21 Punkte überwiegend von der Dreier-Linie erzielte, sah Kirchheims Big Man in der Defensive einige Male schlecht aus. Lenger nimmt seinen Center in Schutz: „Björn ist ein Spieler, den man nicht allein an der Statistik messen darf“, meint er. „Die Freiräume, die er anderen schafft, sind genauso wichtig.“

Etwas mehr Freiraum in Form von Atempausen auf der Bank hätte sich am Samstag wohl Bryan Smithson gewünscht. Der Spielmacher spulte ein enormes Pensum ab, bewies als Passgeber ein gutes Auge und war nebenbei auch noch korbgefährlich. Nach mehr als 36 Minuten auf dem Spielfeld war allerdings auch beim Marathon-Mann die Luft raus. Während der wenigen schöpferischen Pausen rückte Kapitän Radi Tomasevic auf die Eins. Trotzdem fehlte Guard Michael Baumer gegen seinen Ex-Klub an allen Ecken und Enden. Statt gegen Karlsruhe in Kirchheim dabei zu sein, lag der Neu-Kirchheimer im Elternhaus in Karlsruhe mit einer Erkältung im Bett. Für seinen Coach ist der 22-jährige Liga-Neuling längst mehr als nur ein Notnagel auf der Spielmacherposition. „Michael war während der Vorbereitung einer der Besten“, sagt Frenkie Ignjatovic und ist überzeugt: „Das wäre sein Spiel gewesen.“ Ob Baumer auch gegen Magdeburg fehlen wird, war gestern noch nicht klar.

An der Elbe in Sachsen-Anhalt erwartet Ignjatovic und seine Jungs morgen ein Job mit Tücken. Ein Gegner, der beim ersten Auftritt vor eigenem Publikum darauf brennen wird, die 75:108-Scharte gegen Jena auszuwetzen. „Die sind an der Ehre gepackt“, glaubt Kirchheims Coach. „Das wird ein ganz heißer Tanz.“

An der Ehre gepackt – vielleicht. Nervös – auf keinen Fall. „Wir haben gegen Jena nichts anderes erwartet“, meint BBC-Präsident Kristian Tolk gelassen. Die Mannschaft des Last-Minute-Aufsteigers steckt noch mitten im Aufbau, hat in Sachen Kaderplanung deutlichen Rückstand auf die Konkurrenz. Ganze drei Mal trainierte das Team von Trainer Dimitris Polychroniadis in der Besetzung vom Samstag vorher zusammen. „Klar, dass da noch keine Defense und keine Laufwege stimmen“, sagt Tolk. „Wir brauchen noch drei bis vier Wochen, dann wird man eine ganz andere Mannschaft erleben.“ Mindestens noch drei neue Kräfte erwartet der Klubchef. Zurzeit müssen noch zu viele Lücken mit letztjährigen Regionalliga-Spielern besetzt werden. Zudem fehlt mit Martin Volf der seitherige Topscorer mit Muskelfaserriss wohl noch für mehrere Wochen.

Der Zeitpunkt für Kirchheim ist also günstig. Das war er gegen Karlsruhe freilich auch. Karl Lenger ist in dieser Hinsicht ein Mann klarer Worte: „Mit der richtigen Einstellung werden wir dort nicht verlieren“, lautet sein Appell an die Mannschaft. Am Samstag kommt mit Jena der nächste Gegner, der zum erweiterten Kreis der Titelanwärter zählt. Mit den ersten beiden Punkten auf dem Konto ließe sich der Job beruhigter angehen.