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Die Qual der Wahl – das Kurssystem

Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Spaß, Zukunft oder nur Stunden schinden – das bringt derzeit viele Gymnasiasten im Land ins Schwitzen. Diesmal geht es nicht um knifflige Matheaufgaben oder verworrene lateinische Grammatikkonstruktionen. Nein, die Kurswahl für die kommenden zwei Schuljahre beschäftigt alle Zehntklässler. So auch mich. Ich muss die entscheidenden Weichen für mein Abitur stellen.

Was bedeutet das überhaupt? Nach welchen Kriterien soll ich meine Entscheidung treffen? Eine Vielzahl an Fragen geht mir durch den Kopf, wenn ich das weiße DIN-A4-Formular ansehe, auf dem ich meine Wahl ankreuzen muss. Das Blatt ist übersichtlich in drei Spalten aufgeteilt: In der ersten stehen die Abkürzungen aller Fächer, die zur Auswahl stehen, in der zweiten ist Platz für meine Kreuzchen und in der letzten steht die Anzahl der Wochenstunden, die das jeweilige Fach ausfüllen würde.

Aber wohin soll ich meine Kreuzchen denn nun bloß setzen? Die vielen Regeln sind ja nur das eine. Nein, ich muss auch noch eigene Prioritäten setzen: Schließlich bin ich Schülerin, also wähle ich den einfachsten Weg mit geringstem Zeitaufwand? Sport und Kunst? Oder vielleicht doch lieber die Fächer, die mich am meisten interessieren? Chemie und Spanisch? Oder ist es doch das Beste, ich denke heute schon an meine Zukunft und strebe den besten Abischnitt an? Bei Medizin läuft unter 1,1 auf Anhieb gar nichts. Auch für Psychologie sollte es schon 1,3 sein. Doch will ich das überhaupt?

Zu allem Übel komme ich plötzlich auf zu wenig Stunden. Soll ich sie mit willkürlich ausgewählten Fächern auffüllen? Wenn ich meinen Lehrern Glauben schenken kann, unterrichtet jeder das wichtigste und tollste Fach der Welt. Doch macht es tatsächlich Sinn, Kunst als Hauptfach zu wählen, nur weil ich gern male? Später will bestimmt keiner von mir wissen, wann Gustav Klimt welches Gemälde angefertigt hat. . .

Ich könnte auch ein Kreuz hinter das CH für Chemie setzen. Darin bin ich gut und kann so einen besseren Abischnitt herausschlagen – hoffentlich. Oder ich denke schon einen Schritt weiter, nämlich daran, was ich einmal werden will. Ein Informatiker muss doch nicht den Subjuntivo imperfecto vom spanischen Verb estar bilden können! Aber weiß ich jetzt schon, was ich werden will? Ich bin erst 15 und die zwei Jahre bis zum Abi erscheinen mir als Ewigkeit.

Ein Glück, dass ich noch die Chance eines einwöchigen Praktikums bekomme. Ich kann in ein Berufsfeld meiner Wahl schnuppern und bin in der Teckboten-Redaktion gelandet. Sollte das meine Wahl beeinflussen?

Nein! Ich werde frei nach Interesse und Talent entscheiden. Die Qual der Wahl bleibt trotzdem. Womit wir wieder beim Thema wären . . .

CARLA BRENDLER

FOTO: CARSTEN RIEDL