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Wählen im Supermarkt – eine gute Idee?

Beim „Jugend debattiert“-Regionalfinale diskutierten die Schüler mit Fairness und Fachwissen über aktuelle Themen

Wer soll für Polizeieinsätze bei Fußballspielen aufkommen? Ist der Supermarkt ein geeigneter Ort, um dort Stimmzettel für die Wahl abzugeben? Diese Fragen beschäftigten die acht Debattanten der Finalrunde des Regionalwettbwerbs „Jugend debattiert“.

Wählen zwischen Wurst- und Käsetheke?- Die Pro- und Contra-Teams aus jeweils zwei Schülern wurden sich beim Regionalfinale nicht
Wählen zwischen Wurst- und Käsetheke?- Die Pro- und Contra-Teams aus jeweils zwei Schülern wurden sich beim Regionalfinale nicht einig. Foto: Carsten Riedl

Kirchheim. In letzter Zeit muten viele öffentliche Debatten nicht gerade vorbildlich an: Es wird oft heftig mit Vorbehalten diskutiert, nicht zugehört und häufig unterbrochen. Dass es auch anders geht, zeigten die Teilnehmer der Finalrunde des Regionalwettbewerbs „Jugend debattiert“, die mit Sachkenntnis und Fairness punkten.

„Eine Demokratie braucht Menschen, die kritische Fragen stellen“, eröffnet Koordinatorin Bärbel Kehl- Maurer den Wettbewerb in der Teck- Realschule. „Sie braucht Menschen, die aufstehen und ihre Meinung sagen.“ Genau das tun die Schüler überzeugend und redegewandt in den darauffolgenden Debatten. Den Anfang macht die jüngere Altersklasse der Sekundarstufe I. „Sollen in Baden-Württemberg die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen der ersten und zweiten Bundesliga von den Vereinen getragen werden?“, lautet die Frage, die die Debatte bestimmt.

Jana Warrinnier vom Schlossgymnasium und Mark Wendt vom Theodor-Heuss-Gymnasium Esslingensprachen sich klar dafür aus. „Die Vereine sollen sich schrittweise an den Kosten beteiligen“, fordert Jana Warrinnier, „ein Fußballverein verdient so viel, dass er dafür aufkommen kann.“ Ihr Mitstreiter Mark Wendt führt an, den Staat so entlasten zu können. Er wirft in den Raum, ob es nicht unfair sei, wenn alle Steuerzahler, egal ob Fußballfan oder nicht, für die teuren Polizeieinsätze aufkommen müssen. „Wenn der Verein die Leute anspornt, auf ihr Verhalten zu achten, entsteht eine neue Wertschätzung im Stadion“, ist er überzeugt.

Die Gegenseite, vertreten durch Elena Schäffler vom Theodor-Heuss-Gymnasium und Stephanie Scholnewski von der Lützelbachschule Reichenbach, pocht auf die Pflicht des Staates, auf die Sicherheit der Bevölkerung zu achten. „Es ist die Aufgabe des Staates, Polizei bereitzustellen“, findet Stephanie Scholnewski.Die Gymnasiastin Elena Schäffler fügt hinzu, für die Vereine könnten sich dadurch Wettbewerbsnachteile ergeben. Vor allem kleinen Vereinen der zweiten Bundesliga könnte die Regelung zu schaffen machen. „Fans könnten abwandern und der Verein in der Tabelle abrutschen, malt sie die negativen Folgen aus. In der anschließenden Bewertungsrunde lobt die Jury die Debattanten vor allem für ihre Fairness. Der Sieger Mark Wendt und die Zweitplatzierte Jana Warrinnier dürfen sich auf das Siegerseminar und die nächste Wettbewerbsrunde auf Landesebene freuen.

Um die geringe Wahlbeteiligung dreht sich die Debatte der Sekundarstufe II. Die Schüler diskutieren, ob bei Kommunal- und Landtagswahlen die Stimmabgabe auch in Einkaufszentren und Supermärkten ermöglicht werden sollte. Ja, finden Leonard Engmann und Arian Kharrazi des Theodor-Heuss-Gymnasiums. „Die Wahl muss dem Wähler nähergebracht werden“, argumentiert Leonard Engmann. Er nennt als positives Beispiel Schweden, wo so eine hohe Wahlbeteiligung erzielt werden konnte. Sein Mitstreiter Arian Kharrazi unterstützt ihn: „Die Politik beeinflusst das öffentliche Leben. Ist es dann nicht passend, an einem so öffentlichen Ort wie dem Supermarkt auch wählen zu können?“

Die Kontra-Seite, bestehend aus Clara Schwarz vom Theodor-Heuss-Gymnasium und Ida Härtel vom Hölderlin-Gymnasium Nürtingen, sieht das nicht so. Die Wahl verliere an Seriosität, findet Ida Härtel. Für Leute, die keine Zeit haben, um ins Wahllokal zu gelangen, gäbe es immer noch die Briefwahl, erinnert sie. Außerdem würden im Supermarkt mehr Menschen uninformiert wählen, sodass radikale Parteien an Zulauf gewinnen könnten. „Die Wahl wird den Leuten aufgezwungen“, stimmt Clara Schwarz zu. Sie gibt zu bedenken, dass die Leute auch einfach zuerst beim Penny und dann beim Rewe wählen könnten. „Wie soll das kontrolliert werden?“, zweifelt sie an.

Nachdem die Jury sich zum Beraten zurückgezogen hatte, lobt sie die vier für die interessante Diskussion und die ausgeglichenen Redeanteile. „In der freien Aussprache seid ihr jedoch etwas geschwommen“, befinden sie. Schließlich wird Clara Schwarz dank ihrer „guten Sachkenntnisse und starker Mimik und Gestik“ als Siegerin gekürt. Platz zwei belegt Leonard Engmann. Die beiden ziehen ebenfalls in die Landesqualifikation am 11. März ein. Alle Teilnehmer dürfen jetzt zusammen nach Berlin reisen.