Zwischen Neckar und Alb

Wenn der Arbeitsplatz schwimmt

Berufe Uli Glatz und Jan Rolle sind Binnenschiffer beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt. Ihre Aufgabe ist es, sich um die Verkehrswege auf dem Wasser zu kümmern. Von Daniela Haußmann

Kaum einer weiß, dass auf dem Neckar bei Plochingen regelmäßig Binnenschiffer des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Neckar un
Kaum einer weiß, dass auf dem Neckar bei Plochingen regelmäßig Binnenschiffer des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Neckar unterwegs sind. Sie leisten einen Beitrag zum Hochwasserschutz und sorgen dafür, dass Schiffe sicher an ihr Ziel kommen. Foto: Daniela Haußmann

Sie arbeiten auf dem Schiff, haben aber trotzdem immer Land in Sicht: Binnenschiffer sind gefragt - auch in Baden-Württemberg. Beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Neckar finden sie einen spannenden Arbeitsplatz.

Uli Glatz und Jan Rolle machen das, wovon manche träumen: Sie verbringen ihren Berufsalltag auf dem Wasser. Die beiden sind Binnenschiffer beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Neckar, Außenbezirk Stuttgart. Ein Job, der jede Menge Abwechslung bietet, aber in dem man laut Glatz auch anpacken muss. Denn was die Straßenmeisterei an Land ist, sind er und seine Kollegen auf Flüssen und an Küsten. „Wir inspizieren und unterhalten Wasserstraßen mit den dazugehörigen Gebäuden und Anlagen“, sagt Uli Glatz, dessen Arbeitgeber Außenbezirke in Stuttgart, Lauffen, Marbach, Heidelberg, Eberbach und Bad Friedrichshall unterhält.

Rund 50 Binnenschiffer sorgen auf dem 203 Kilometer langen Flussstück zwischen Mannheim und Plochingen dafür, dass sich die Straße, Schiene und Wasser vernetzen lassen. „Ohne unsere Arbeit könnten kaum Güter über den Neckar verschifft werden“, gibt Uli Glatz zu bedenken. „Wir helfen, den Schwerlastverkehr auf der Straße zu reduzieren. Das ist Umweltschutz.“ Dazu tragen viele der Aufgaben bei, die sie auf dem Neckar erfüllen. Etwa, wenn sie die Wasserstraße freihalten. So ziehen die Bootsführer beispielsweise nach einem Unfall mit einem Kranschiff kleinere Schiffe und Autos aus dem Wasser.

Moderne Kransysteme sind zwar mit Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Trotzdem müssen vor solchen Einsätzen etwa Seillasten und -längen, Windverhältnisse, Wellengang und Strömungsgeschwindigkeiten berücksichtigt werden - Faktoren, die auch eine Rolle spielen, wenn die Schiffsführer Material zu Baustellen transportieren. In regelmäßigen Abständen werden Wehre und Schleusen trockengelegt, um sie auf Schäden zu prüfen, zu reparieren oder um Treibgut und abgelagerten Schlamm zu entfernen.

Ob die Schiffer nun Arbeitsgeräte und Baustoffe oder Schwemmgut transportieren - die Ladung muss richtig gesichert sein, und das Fahrzeug darf nicht kentern. „Deshalb stellen wir Stabilitätsberechnungen an“, klärt Jan Rolle auf. „Außerdem prüfen wir mit dem Radar die Flusssohle, um sicherzustellen, dass für den Schiffsverkehr eine Fahrrinnentiefe von 2,80 Meter gewährleistet ist.“ Wichtig ist das vor allem nach einem Hochwasser. Denn Erosion und Sedimentablagerungen können den Abstand zwischen Gewässersohle und Wasserspiegel genauso beeinflussen wie so genannte Geschiebe. Das sind etwa Schotter oder Geröll, die sich durch die Strömung am Grund von Fließgewässern bewegen. Dadurch kann die Flusstiefe schwinden und Schiffe im schlimmsten Fall beschädigt werden. „Um das zu vermeiden, beauftragen wir Fremdfirmen, die betreffenden Stellen abzubaggern“, sagt Glatz.

Im Winter brechen die WSA-Beschäftigten das Eis. Denn nach Frost kann durch die Eisschicht, die sich auf dem Neckar bildet, auf Bauwerke, wie etwa Schleusen, Wehre oder Brücken, ein starker Druck entstehen, der zu Schäden führt. Außerdem können Stauanlagen vereisen. „Bei Fließgewässern wie dem Neckar wächst das Eis von der Flusssohle aus ins Wasser hinein“, klärt Uli Glatz auf. „Dadurch kann sich die Fahrrinnentiefe verringern.“

Außerdem kann durch den verringerten Gewässerquerschnitt selbst bei normalem Wasserstand der Fluss über die Ufer treten und großflächige Überschwemmungen verursachen. „Wir leisten also Hochwasserschutz“, betont Jan Rolle, der nicht nur im Führerstand oder auf Deck steht, sondern auch im Maschinenraum die Technik wartet und repariert. Mitunter sind er und Uli Glatz auch bei Nacht oder im Frühjahr und Herbst bei Nebel unterwegs. Mit Hilfe von Radar und einem Funksystem, das durch den Austausch von Navigations- und anderen Schiffsdaten die Sicherheit und die Lenkung des Schiffs verbessert, steuern sie dann ihr Boot.

Die beiden sind von ihrem Arbeitsplatz begeistert, nicht zuletzt weil er verschiedene Entwicklungschancen bietet. „Fortbildungen zum Schleusenwärter, Revierlotsen oder Taucher sind möglich“, sagt Glatz, der auch Ausbilder ist und an seinem Job vor allem schätzt, dass er selbstständig arbeiten und Entscheidungen treffen kann.