Lokale Wirtschaft

Bach ohne Korsett am Parkplatz Sportlerheim

Produktionshalle im Gewann „Haldenäcker“ jenseits des Gießnaubaches macht Ausgleichsmaßnahmen erforderlich

Das Bissinger Holzbau-Unternehmen Merkle will im Gewann „Haldenäcker“ eine Produktionshalle bauen. Da das Vorhaben einen erheblichen Eingriff in die Natur darstellt, ist zum Ausgleich geplant, den Gießnaubach im Bereich des Parkplatzes der Sportgaststätte aus seinem Betonkorsett zu ­befreien.

Bissinger Gewerbegebiet Stahlbrunnstraße mit Haldenäcker aus der Vogelperspektive: Sehr schön zu sehen ist die private Zufahrt (
Bissinger Gewerbegebiet Stahlbrunnstraße mit Haldenäcker aus der Vogelperspektive: Sehr schön zu sehen ist die private Zufahrt (roter Strich von Punkt zu Punkt) zur geplanten Produktionshalle über dem Gießnaubach (rot umrandet).Luftbild: Werner Feirer

Bissingen. Bereits 2008 machte das international tätige Bissinger Holzbauunternehmen Merkle Holzbau die Verwaltung der Seegemeinde mit dem Gedanken vertraut, ihre Produktionsstätte im Gewann „Haldenäcker“ am nordöstlichen Rand des Gewerbegebiets Stahlbrunnstraße erweitern zu wollen. Allein der Gießnaubach stand dem im Wege, bildete er doch die natürliche Grenze des Gewerbeareals. Zudem hatten Bis­singer Bürgervertreter in der Vergangenheit das Motto ausgegeben „nicht über den Bach“. Um die alteingesessene Holzbaufirma am Ort zu halten, brach eine breite Gemeinderatsmehrheit im November 2008 das Tabu und sprach sich für den Bau einer Produktionshalle jenseits des Gießnaubachs aus. Grund dafür war die Bauvoranfrage der Firma Holzbau Merkle.

Damals sah die Planung vor, über dem Bach am Radweg nach Weilheim eine Produktionshalle mit einer Nutzfläche von 2 635 Quadratmetern zu erstellen. Das Gebäude sollte durch eine Schwerlastbrücke an das bisherige Firmenareal angeschlossen werden.

Dieser zunächst ins Auge gefasste Standort wurde aber wegen der zu erwartenden Lärmbelästigungen für die Anwohner nicht weiter verfolgt. Stattdessen soll nun eine Halle mit einer Grundfläche von 3 650 Quadratmetern weiter nördlich im Bereich der Gewächshäuser der Gärtnerei Öttle gebaut werden.

Laut Rainer Metzger vom Ingenieurbüro Kuhn, Frickenhausen, bleibt die Gebäudehöhe von zehn Metern unter dem zulässigen Wert. „So gibt es keine negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild“. Es ist vorgesehen, das Hallendach zu begrünen. Dies funktioniere auch in Kombination mit Solaranlagen.

Die Zufahrt zur geplanten Produktionshalle beginnt an der Wendeplatte der Stahlbrunnstraße. Die Brücke über den Gießnaubach, die für den Schwerlastverkehr ausgelegt sein wird, soll rund 20 Meter lang und sechs Meter breit werden.

Da der Bau sowohl der Brücke als auch der Halle in das Gewässer sowie die dortige Flora und Fauna eingreift und eine sehr große Fläche des Bodens versiegelt werden muss, schlugen die Umweltprüfer von Geitz & Partner, Freie Landschaftsarchitekten und Hydrologen, Stuttgart, eine externe Ausgleichsmaßnahme vor. Sie wollen zwischen Seestraße und Parkplatz der Sportgaststätte den Gießnaubach auf einer Länge von rund 35 Metern öffnen. Das Gewässer fließt dort in einem 1400er-Rohr und besitzt laut Geitz & Partner keinen ökologischen Wert. „Der Bach ist in diesem Teilbereich nicht erlebbar“. Um ihn wieder für die Bissinger erlebbar werden zu lassen, soll das Ufer des von seinem Korsett befreiten Baches naturnah ausgebildet und ingenieurbiologisch gesichert werden. Damit könne die Vernetzung mit anderen Biotopen wieder hergestellt werden. Das Fazit der Landschaftsarchitekten: Die ökologische Wertigkeit an diesem Teilstück des Gießnaubaches wird verbessert und das Ortsbild erheblich aufgewertet.

Was den Artenschutz in den Haldenäckern anbelangt, so kommen die Umweltprüfer in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass die durch den Bau bedingten Störungen die Existenz der dortigen Fledermausarten nicht beeinträchtigen. Allerdings dürfe der Gehölzsaum entlang des Gießnaubaches nicht beleuchtet werden, um die Tiere in ihrer Nachtjagd nicht zu stören. Außerdem empfahlen die Prüfer niedere Hecken für brütende Vögel anzulegen. Außer den Fledermäusen sind weitere gefährdete Tierarten in dem betroffenen Bereich nicht festgestellt worden, wie aus dem Umweltbericht hervorgeht.

Sämtliche Planungs- und Erschließungskosten sowie die Kosten für planexterne Ausgleichsmaßnahmen trägt der private Investor. Hierzu schließt die Gemeinde mit dem Holzbauunternehmen einen städtebaulichen Vertrag ab.

Bereits in seiner Sitzung am 23. Juli hatte der Bissinger Gemeinderat beschlossen, den Bebauungsplan „Erweiterung Haldenäcker“ aufzustellen. Nach diesem Beschluss wurde während der Sommerpause der Bebauungsplan-Entwurf konkretisiert. In seiner jüngsten Sitzung billigte das Ratsgremium den Vorentwurf und beschloss, die Öffentlichkeit frühzeitig durch die Planauflage im Rathaus vom 18. November bis 18.  Dezember zu beteiligen und den öffentlichen Stich ab der Wendeplatte in der Stahlbrunnstraße an die Anlieger zu verkaufen.

Inzwischen stimmte auch die Verwaltungsgemeinschaft Weilheim der von Bissingen beantragten Änderung des Flächennutzungsplans „Gewerbegebiet Haldenäcker“ zu.