Lokale Kultur

Ein Konzertabend mit beachtlicher Bandbreite

„Podium junger Künstler“ bewies, dass Kirchheims Musiknachwuchs zu großen Hoffnungen berechtigt

Kirchheim. Eindrucksvoll machte das „Podium junger Künstler“ deutlich, dass der Kirchheimer Musiknachwuchs zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Musikschulleiter Urs Läpple hatte die angenehme Aufgabe, in der Stadthalle einen Konzertabend zu moderieren, der qualitativ hoch gesättigt war und zudem eine beachtliche Bandbreite abzudecken wusste. Reichte doch das Repertoire vom Barock bis in die Gegenwart, die Besetzungen von sinfonischer Größe bis zum Solo-Récital.

Mit afro-amerikanischen Spirituals eröffnete das Ensemble „Teckbrass“ unter Leitung von Johannes Stortz den konzertanten Reigen. Mit differenzierungsfähigem, homogenem Ensembleklang verhalfen Matthias Käßbohrer und Jannik Burk-hardt (Trompeten), Evi Käßbohrer und Christoph Lohrmann (Hörner), Thilo Adam und Christoph Stortz (Posaunen) sowie Bernhard Znaimer (Tuba) den traditionellen Gospelweisen dank des intelligenten Arrangements von Walter Barns zu imposanter Strahlkraft.

Das Symphonische Orchester der Musikschule brachte unter dem Dirigat von Johannes Stortz die ersten beiden Sätze von Johann Sebastian Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen in d-Moll BWV 1043 zu Gehör. Zwei spätbarocke Preziosen, die ihren ungebrochenen Reiz aus dem Miteinander von motorischem Klangkontinuum und kantablem Schmelz beziehen. Den anspruchsvollen Solopartien begegneten die formidablen Violinistinnen Laura Mück und Juliana Ziegler mit solider Technik und angemessener Akkuratesse.

Nach solch kammersinfonischer Prachtentfaltung die Bühne als Solist ganz allein in Besitz zu nehmen, ist eine eher undankbarer Aufgabe, die jedoch von Gitarrist Julian Nürk souverän gemeistert wurde. Er hatte die A-Dur Bagatelle op. 4/8 aus der Feder von Heinrich Marschner im Gepäck, der er durch seinen interpretatorischen Zugriffs zu intimer, dennoch saalfüllender Präsenz verhalf.

Von großer Innigkeit und kunstvoller Schlichtheit erfüllt war der Vortrag des „Pie Jesu“ aus Andrew Lloyd Webbers Requiem-Vertonung, den Anna-Maria Wilke mit ihrem klangschönen Sopran zum Besten gab.

Der Kopfsatz von Antonio Vivaldis Frühlingskonzert aus dessen „Vier Jahreszeiten“ – gespielt vom Strei-cherensemble der Musikschule unter Takashi Otsuka – bot Violinist Tom Kälberer Gelegenheit, barockem Virtuosentum gekonnt nachzuspüren, bevor zwei Sätze aus John Bastons Konzert für Sopranblockflöte und Streicher einen altersübergreifenden solistischen Schulterschluss auf die Bühne brachte. Mit Johannes Wagler und Laura Mück an den Violinen, Johannes Rolfs an der Bratsche und Johann Riepe am Cello glückte dem jungen Blockflötisten Gil Pereira Monteiro gleich bei seiner ersten Teilnahme am „Podium“ eine fulminante Darbietung, die mit stürmischem Applaus belohnt wurde.

Sopransaxofonistin Rebecca Rohner ist eine bereits als Orchestersolistin und als Mitglied des Saxofonquartetts bekannte junge Künstlerin. Mit der „Fantasie“ des zeitgenössischen franko-kanadischen Komponisten Bédard hatte sie sich ein Werk ausgesucht, das technisch wie gestalterisch hohe Ansprüche an den Interpreten stellt. Dem humoresken und geistreichen Stück mit seinem introvertiert gehaltenen Mittelteil entsprach die Solistin mit einem fein modulierten gesanglichen Ton und großer gestalterischer Kraft, die den kontrastierenden Stimmungen Kontur und Plastizität verliehen.

Hartmut Mayers „Cellophoniker“ begaben sich in die Fußstapfen der finnischen Cello-Band „Apokalyptika“, die das Repertoire der amerikanischen Metal-Heroen Metallica in einem gewagten, aber geschmackvollen Crossover für klassisches Instrumentarium erschlossen haben. Bleibt hierbei von den heftigeren Stücken meist wenig mehr als rhythmisches Saitengeschrubbel übrig, erweisen sich die Balladen als ergiebiges Material für feine Arrangements. Eingedenk dieses Erfahrungswertes beglückten die Cellophoniker die Hörer mit „Nothing Else Matters“, einem emotional aufgeladenen Klassiker von Metallicas „Black Album“.

Hochrangige Quartettkultur boten Johannes Wagler, Laura Mück, Johannes Rolfs und Johann Riepe mit dem ersten Satz aus Joseph Haydns Streichquartett Op. 76, Nr. 2. Neben der spielerischen Präzision und der feinsinnigen Ausleuchtung des Tonsatzes verblüffte, wie organisch verbunden das junge Ensemble bereits auf der Bühne wirkte. Dem ersten Geiger hat Haydn einen veritablen Virtuosenpart auf den Leib geschneidert. Umso deutlicher wurde die beachtliche Leistung von Johannes Wagler, der stets ausdrucksstark über den technischen Schikanen zu stehen und die anspruchsvolle Aufgabe eines Primarius mit natürlicher Souveränität auszufüllen schien.

Annika Etzler und Christina Röser – zehn und elf Jahre alt – sind zwei vielversprechende Nachwuchs-Pianistinnen, die bereits beim Kirchheimer Musikpreis erfolgreich waren und von denen noch viel zu hören sein wird. Eine technisch makellose, aber auch gestalterisch überraschend reif wirkende Darbietung von Robert Schumanns „Fantasietanz“ aus den Albumblättern op. 124 bot Annika Etzler, bevor sie vierhändig mit Christina Röser die „Petersburger Schlittenfahrt“ in jeder Hinsicht bravourös den Tasten entlockte.

Sopranistin Sonnhild Beyer – Bundespreisträgerin bei Jugend musiziert – entführte in die Welt von Albert Lortzings „Waffenschmied“. Die Arie der Marie „Wir armen, armen Mädchen“ ging sie mit subtiler, nuancenreicher Dramatik an, die dem inneren Konflikt der Protagonistin zum adäquaten musikalischen Ausdruck verhalf. Das ohnehin facettenreiche Programm mit einer Darbietung von Seltenheitswert noch zusätzlich zu bereichern, gelang Thilo Adam im Rahmen seiner fulminanten Schlagzeug-Improvisation, in der technisches Können, rhythmische Finesse und musikalische Erfindungskraft fruchtbar zusammen kamen.

Cellistin Katharina Sigel – auch sie kann auf Erfolge bei Jugend Musiziert und dem Kirchheimer Musikpreis zurück blicken – beschloss die zweite Programmhälfte mit ihrer Interpretation des dritten Satzes aus Camille Saint-Saens erstem Cello-Konzert in a-Moll. Hier vereinte sich kantable Tongebung mit zupackender Virtuosität, die von einer geschmeidigen, in den Dienst der Komposition gestellten Technik getragen war.

Ein würdiger Abschluss eines großartigen Konzertabends, der dem künstlerischen Nachwuchs als hoffnungsvollsten Part der Kirchheimer Musiklandschaft konzertantes Gehör verschaffte.