Lokale Kultur

„Eine Liebeserklärung an die Orgeln“

Buchvorstellung: Ernst Leuze hat 52 Instrumente aus dem Blickwinkel des Organisten beschrieben

Martinskirche Kirchheim, Buchvorstellung Schriftenreihe Band 36 (befasst sich mit den Orgeln Kirchheims)  Wolfgang Znaimer, Erns
Martinskirche Kirchheim, Buchvorstellung Schriftenreihe Band 36 (befasst sich mit den Orgeln Kirchheims) Wolfgang Znaimer, Ernst Leuze

Kirchheim. 52 „Charakterstudien“ zu ebenso vielen „Orgeln unter Teck“ hat Kirchenmusikdirektor Ernst Leuze verfasst. Hinzu kommen 77

Andreas Volz

„erläuternde Abhandlungen“, wie er bei der Buchvorstellung in der Martinskirche seine Ausführungen zu den unterschiedlichsten Themen rund um die Orgel bezeichnete. Eine der berühmtesten „erläuternden Abhandlungen“ dürfte zweifellos diejenige mit dem Titel „S‘Orgelgrüschd­le“ werden. In dieser kurzen Abhandlung beschreibt Ernst Leuze, was sich da so alles ansammeln kann am Arbeitsplatz der Organisten: Wäscheklammern, Papiertaschentücher, Kämme, Spiegel, Bleistifte, Radierer, Bleistiftspitzer und vieles mehr.

Große Bedeutung hat das „Orgelgrüschdle“ aber schon bei der Buchvorstellung am Samstag erlangt: Denise Glotzbach, die Erste Vorsitzende des Kirchheimer Fördervereins Kirchenmusik, ließ es sich nämlich nicht nehmen, dieses Wort auszusprechen, obwohl ihre französische Muttersprache derartige Lautkombinationen nicht vorsieht. – Ebenfalls nicht vorgesehen war eigentlich, dass das „Orgelbuch“ erst in ihrer Amtszeit als Vereinsvorsitzende erscheinen sollte. Als sie das Amt vor einem Jahr übernahm, sei das Buch bereits zu 95 Prozent fertig gewesen, meinte Denise Glotzbach. Besonders schön fasste sie zusammen, worum es in Band 36 der Schriftenreihe des Kirchheimer Stadtarchivs geht: „Ernst Leuze schenkt uns in diesem Buch sein Wissen über und um die Orgeln. Er lässt uns an seiner Begeisterung teilhaben. Das Buch ist mit Herzblut geschrieben, es ist eine Liebeserklärung an die Orgeln.“

Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker erinnerte an die Entstehungsdauer: „Wenige Werke der Schriftenreihe haben eine so lange Vorgeschichte, denn 1996 hätte es bereits veröffentlicht werden sollen.“ Sie rief aber dazu auf, die 17 zusätzlichen Jahre „nicht als Verzögerung, sondern als Reifeprozess zu betrachten“. Dass das „Orgelbuch“ ungefähr den doppelten Umfang eines normalen Schriftenreihenbands einnehme, liege daran, dass Autor Ernst Leuze „wohl der beste Kenner der Orgellandschaft unter Teck“ sei, aber auch daran, dass „kein Buch der Schriftenreihe bisher so reich bebildert war“.

Dekanin Renate Kath weckte in ihrem Grußwort die Vorfreude darauf, sich im geheizten Wohnzimmer zwischen zwei Buchdeckeln mit den Orgeln befassen zu können. Zugleich aber verwies sie noch auf eine weitere wichtige Publikation im Zusammenhang mit den „Orgeln unter Teck“ – auf die Veröffentlichung der Gottesdiensttermine in jeder Samstagsausgabe des Teckboten: „Da kann man nachlesen, wann und wo man all die Orgeln auch hören kann.“

Ernst Leuze selbst freute sich, dass nun ein jahrzehntelanger Wunsch in Erfüllung gegangen sei. Seine Leidenschaft für die Orgel, die er schon im Berufsleben habe ausleben dürfen, sei nun auch in diesem Buch dokumentiert. Er dankte allen Beteiligten, in erster Linie dem mittlerweile verstorbenen Ideengeber: dem Fördervereins-Ehrenvorsitzenden Karl-Otto Alpers. Dr. Roland Krämer habe dessen Engagement für das „Orgelbuch“ fortgeführt, und ihm dankte Ernst Leuze für seine Arbeit bis hin zum kleinsten Detail: So habe sich beispielsweise aus der Frage, ob man an einer bestimmten Stelle ein Komma nicht besser durch einen Doppelpunkt ersetzen solle, die salomonische Synthese ergeben, sich auf einen Gedankenstrich zu einigen.

Während er bei solchen Fragen noch beipflichten konnte, verteidigte Ernst Leuze seine subjektiven Urteile über einzelne Orgeln: „Ich habe aus dem Blickwinkel des Organisten geschrieben, der ständig künstlerische Entscheidungen zu treffen hat, und die sind nicht verhandelbar. Da geht es nicht um Mehrheiten und Kompromisse, sondern um gut oder schlecht, um richtig oder falsch.“

Gut und richtig war sicher die Auswahl der Musikstücke, die Ralf Sach, Ernst Leuzes Nachnachfolger als Bezirkskantor, für die Buchvorstellung getroffen hatte. Zunächst setzte er auf launige Barockwerke – von Couperin, Bach und Händel –, die zu einer Zeit entstanden sind, als es die meisten der 52 „Orgeln unter Teck“ noch gar nicht gab. Den Abschluss aber bildete ein Stück der zeitgenössischen Jazzmusikerin Barbara Dennerlein.

Außerdem machte Ralf Sach noch „Werbung“ für den Förderverein Kirchenmusik, der unter anderem das Claviorganum der Martinskirche finanziert hat, ein „Zwitterinstrument“ aus Orgel und Cembalo: „Das gibt es in Deutschland nicht allzu oft.“ Nähere Details zum Claviorganum finden sich im „Orgelbuch“, ab Seite 257.