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Geistliches WortBitte warten. . .

Das war lecker letztens. Dieses Frühstück mit Freunden im Café. Alles war ordentlich: der Kaffee nicht kalt, die Brötchen frisch und der Obstsalat eine bunte Mischung und in ordentlicher Menge. Nur eins machte mich etwas nervös - die Bedienung hätte doch ein wenig schneller unterwegs sein können. . .

So oder ähnlich passiert es immer wieder im Alltag. Ich nehme die Dinge, die mir gut tun, selbstverständlich und gerne entgegen. Doch wenn etwas anders läuft, als ich es mir vorstelle? Dann greift schnell die Vermutung, dass irgend jemand seine Arbeit nicht beherrscht. Dann wächst meine Ungeduld. Denn das geduldige Warten haben wir uns scheinbar längst abgewöhnt. Heute bestellt - morgen geliefert, das ist eine der Parolen unserer Zeit. Jedes Produkt und jede Dienstleistung sollen uns so schnell wie möglich zur Verfügung stehen. Und natürlich in makelloser Qualität. Dazu gehören dann eben auch die schnelle Bedienung im Café und die süßen, frischen Erdbeeren im Obstsalat. Und das, obwohl die Kellnerin noch in der Ausbildung ist und Erdbeeren Ende September für lokale Produkte ein wenig aus der Zeit fallen.

Am morgigen Sonntag feiern wir Christen in vielen Gemeinden das Erntedankfest. Und wieder einmal steht die Frage im Raum: Ob wir dieses Fest überhaupt noch brauchen? Ich meine angesichts der globalen Märkte der Agrarprodukte und der beschriebenen Gewöhnung an sofortige Verfügbarkeiten?

Zum Erntedank kann man sicherlich sehr unterschiedlicher Meinung sein. Ist es wirklich Gott, der uns die gelungene Ernte schenkt? Oder ist dafür nicht vielmehr die moderne Agrartechnologie verantwortlich?

Ich meine, über solche strittigen Fragen hinaus verstecken sich in dem Erntedankfest Weisheiten, die uns als Gesellschaft allerdings zu einer gesunden inneren Haltung verhelfen können. Der Dank zu Gott über den Erfolg unseres Arbeitens spricht von der Rhythmisierung des Lebens. Das eigene Tun und die eigene Abhängigkeit von äußeren Einflüssen kommen beide in den Blick. Im Abwarten auf eine gute „Ernte“ unseres Tuns erinnern wir uns, das manche Entwicklungen nicht in unserer Macht liegen. Und wir bedenken die Fülle, die uns in unseren Breitengraden gegeben ist. Und finden, vielleicht, über dem allem zu einer echten Dankbarkeit.

Das alles wäre kostbar, auch jenseits des morgigen Festes. „Bitte warten!“ - also. Oder mit den Worten des Psalmbeters: „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. (Psalm 145, 15).Ein frohes Dankfest morgen.

Dirk Schmidt

ev. Pfarrer der Julius-von-Jan-Kirchengemeinde