Lokale Kultur

Professionell inszeniertes Turmbau-Spektakel

Die Akteure des Musicals „Babel . . . und das Streben geht weiter“ sorgten in der Kirchheimer Stadthalle für stehende Ovationen

Aufführung Musica Babel in der Stadthalle
Aufführung Musica Babel in der Stadthalle

Kirchheim. Stehende Ovationen sind in der Kirchheimer Stadthalle eher eine Rarität. Ambitionierte Musical-Projekte mit 140 aktiven Sängerinnen und Sängern im Alter von immerhin 5 bis 70 Jahren sind

WOLF-DIETER TRUPPAT

auch nicht unbedingt die Regel. Grund zum Feiern hatten am Samstagabend alle, die auf und hinter der Bühne zum Gelingen dieses Musikprojekts wahrlich babylonischen Ausmaßes beigetragen hatten.

Das in einjähriger engagierter Arbeit angestrebte Ziel, den Turmbau zu Babel auf die Bühne der Kirch­heimer Stadthalle zu bringen und in einer professionellen Musical-Inszenierung auch optisch überzeugend in Szene zu setzen, wurde vollauf erreicht und die mit Spannung und Sorge herbeigesehnte Premiere dann auch zum erhofften Erfolg.

Trotz der bei einer Premiere in solchen Dimensionen unvermeidbaren Unwägbarkeiten und einigen kleineren technischen Tücken und Abstimmungsproblemen, wurden bei dem Heimspiel in der Stadthalle die hohen Erwartungen des Publikums voll und ganz erfüllt, das sich mit lang anhaltendem Applaus bei allen Mitwirkenden für einen wirklich herausragenden Abend bedankte.

„Babel . . . und das Streben geht weiter“, ist die Produktion überschrieben, mit der der 33-jährige Musiker, Komponist, Produzent und Songwriter Andreas Störzer an vorangegangene Erfolge anknüpfen konnte. Vor über einem Jahr hatte Manfred Neumann, erster Vorsitzender der „Chorwerkstatt Teck“ in Nabern, den aus Geislingen stammenden Chorleiter gefragt, ob er sich vorstellen könne, das von ihm geschriebene und komponierte Stück auch auf die Bühne der Kirchheimer Stadthalle zu bringen.

Die Folge dieser Initialzündung war ein offen angegangenes Projekt der Chorwerkstatt Teck und des gemischten Chores des Gesangvereins Nabern in Kooperation mit Schulen und kirchlichen Institutionen. Träger des nicht zuletzt auch ein großes finanzielles Risiko darstellenden Babel-Musicals ist der Gesangverein Liederkranz Nabern, der durch Sponsoren und private Spender unterstützt wurde.

Im Mittelpunkt des Stücks um das Streben nach Glück steht Avän (Roland Fischer beim Premierenabend/ Roland Funk bei der gestrigen Aufführung). Als Verkörperung des Bösen verfolgt er skrupellos seine Interessen und ist dafür sogar bereit, Mensch zu opfern oder zu töten.

Der weitsichtige Baumeister Kasin (Bernd Anton), den zu Beginn vor allem die Sorge um die Sicherheit seiner Mitmenschen antreibt, scheitert durch die Machenschaften seines diabolischen Gegenspielers Avän tragisch. Der geplante Bau eines Schutzwalls wird immer mehr zu einem schließlich alle bedrohenden und überfordernden aberwitzigen Turmbau-Spektakel, das die zuvor gelebte generationsübergreifende Gemeinschaft sprengt. Die warnende Saharat (Ira Olfers /Manuela Euringer) scheint die Einzige zu sein, die schon frühzeitig erkennt, welche dramatischen Folgen der Bau eines Turmes mit sich bringt, dessen Spitze bis an den Himmel reichen soll. Ihre Weisheit und ihr Versuch, stets nach dem Guten zu streben, helfen, können ihr aber nicht uneingeschränkt Gehör verschaffen.

Kläglich scheitert auch die nach den Sternen greifende Utopie einer Liebe zwischen dem wohlhabenden Boqesch (Dario Zeitler), der in der stolzen Sklavin Kiljah (Sandra Manuela Schöne) eine vermeintlich wohlfeile Gespielin sieht, mit seinen Visionen einer gemeinsamen Zukunft aber genauso scheitert wie sein Vater Kasin.

Am Ende des Stücks, für dessen Theaterfassung sich Judith Heiter verantwortlich zeichnet, ist also nichts mehr wie es war. Menschen sind gescheitert, haben im einen oder anderen Fall aber auch etwas für ihr künftiges Leben gelernt. Die Teilnehmer des Projekts „Musical Babel“ konnten lernen, dass auch ein noch so komplexes Vorhaben mit einer ambitionierten Laiengruppe funk­tionieren und vor allem auch Spaß machen kann. Von Wioletta Schirmer und Team in passenden Kostümen auf die Bühne gestellt, und von Andrea Keller-Sauter und Tanja Witt choreografisch betreut, wurden die Sängerinnen und Sänger und der Kinderchor (Beate Kühn) von einem 18-köpfigen Live-Orchester begleitet. Um die Chorarrangements kümmerten sich Elke Pötz und Andreas Störzer und Anneliese Rösch und Harald Keller hatten mit Organisation, Realisierung und Logistik gleich drei „spannende“ Disziplinen übernommen.