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Scheufelen ist wieder im Rennen

Forschung Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart sucht einen Standort für das Technikum Laubholz. Optimale Voraussetzungen böte nach wie vor die Lenninger Industriebrache. Von Anke Kirsammer

Größe und Infrastruktur der ehemaligen Papierfabrik Scheufelen würden zum Laubholzinstitut passen. Foto: Carsten Riedl
Größe und Infrastruktur der ehemaligen Papierfabrik Scheufelen würden zum Laubholzinstitut passen. Foto: Carsten Riedl

Alles auf Anfang. So wirkt die Suche des Landes Baden-Württemberg und der Region Stuttgart nach einem neuen Standort für das Technikum Laubholz (TLH). Städte und Gemeinden sind aufgefordert, Gewerbegrundstücke beziehungsweise -brachen oder andere Flächen zu melden, die sich für das Forschungsinstitut eignen.

Auch die Gemeinde Lenningen hat das Schreiben der Wirtschaftsförderung Region Stutt- gart bekommen. Bürgermeister Michel Schlecht rieb sich verwundert die Augen, als er es in den Händen hielt. „Es ist schon ein klein wenig absurd, dass wir Flächen melden sollen“, so der Rathauschef. „Das hätte man anders haben können.“ Damit spielt er darauf an, dass Lenningen bei der Standortsuche ein gutes Jahr lang nicht nur im Rennen war, sondern die Ansiedlung des Vorzeigeinstituts am Fuße des Wielandsteins ausgemacht schien. Das vermittelte die Verkündung von Landwirtschaftsminister Peter Hauk im November 2019 im Rathaus.

Ausgeguckt hatte sich das Land für das Zukunftsprojekt das in großen Teilen brachliegende Gelände der Papierfabrik Scheufelen. Nachdem jedoch die Kaufverhandlungen Anfang Februar dieses Jahres geplatzt waren, wurde der Sitz der TLH GmbH von Lenningen nach Blaubeuren verlegt. Die Anmietung von Industriehallen auf dem Gelände der Centrotherm AG und eines Bürogebäudes bezeichnet ein Pressesprecher des Ministeriums für Ländlichen Raum jetzt als Interimslösung. Sollten die Eigentümer der ehemaligen Papierfabrik Scheufelen ein „wertgemäßes“ Angebot vorlegen, sei das TLH durchaus zu ernsthaften Gesprächen bereit. Der Standort werde von einer weiteren Bewerbung nicht ausgeschlossen. Maßgeblich sei letztlich der Preis. Genaue Zahlen nennt der Sprecher nicht. Was das Land zu zahlen bereits ist, hängt von vielen Faktoren ab: Entscheidend sind demnach unter anderem die Lage, Entwicklungspotenziale und die Infrastruktur. Grundsätzlich sei auch eine Anmietung denkbar.

Benötigt werden vor allem große Flächen für Lager, Produktionsstätten, Labore und Forschung. Überzeugt, dass das Land damit die „Eins-a-Lösung“ bekäme, hat Michael Schlecht den Standort in Lenningen erneut angemeldet.

„Das Scheufelen-Areal ist die beste Fläche für das Projekt“, sagen auch die Region und der Kirchheimer Grünen-Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende im baden-württembergischen Landtag, Andreas Schwarz. Von Beginn an hatte er sich für die Ansiedlung in Lenningen stark gemacht und die gemieteten Räume in Blaubeuren immer als Übergangslösung betrachtet. Für das Scheufelen-Gelände sprechen seiner Ansicht nach mehrere Punkte: Die Infrastruktur vom Schienenanschluss bis zur Kläranlage, außerdem handle es sich bereits um Flächen für Gewerbe beziehungsweise Industrie. Hinzu kommt für Andreas Schwarz die räumliche Nähe zu verschiedenen Forschungseinrichtungen, mit denen das Technikum Laubholz bereits vernetzt ist: so zu den Hochschulen in Hohenheim, Nürtingen, Rottenburg und zum Forschungsinstitut für Textil- und Faserforschung in Denkendorf. Ob Lenningen zum Zug kommt, ist für Andreas Schwarz allerdings weiterhin eine Frage des Geldes. Den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit müsse das Land beachten.

Die Vorstellung der Region, dass in einem letzten Ausbauschritt ein Hotel, Restaurants, ein Café, Wohnungen und Freiflächen die Infrastruktur des TLH komplettieren, sieht der Grünen-Politiker als Sahnehäubchen. „Wenn es läuft und man dort ein Zentrum schafft, könnte man es ausweiten zu einem Campus“, erklärt der Landtagsabgeordnete. Dann bräuchte es eben auch Übernachtungsmöglichkeiten beispielsweise für Gastprofessoren und andere Wissenschaftler. Das alles stehe in der Beschreibung aber bewusst in Klammern.

Das Technikum soll in mehreren Schritten wachsen

Für erste Forschungsfelder werden für Verwaltung, Labore, Versuchsanlagen, Lager und Produktionsstätten 6000 bis 8000 Quadratmeter überbaute Fläche benötigt. Das gesamte Gelände sollte 40 000 bis 60 000 Quadratmeter groß sein. Dieselbe Fläche braucht das TLH für den zweiten Schritt. Geplant sind weitere Forschungseinrichtungen. Partner und Kreative sollen vor Ort mit dem TLH zusammenarbeiten können. Außerdem geht es um die Herstellung von Endprodukten. Weitere 40 000 bis 60 000 Quadratmeter werden gemäß der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart bei erfolgreicher Arbeit für den dritten Schritt benötigt. Dann bräuchte es für den offenen Campus unter anderem ein Konferenzzentrum, Restaurants und Wohnquartiere.

Das TLH soll in acht Forschungsfeldern aktiv sein. In vier Bereichen, faserbasierte Biopolymerwerkstoffe, biotechnologische Konversion, Holzaufschlussverfahren und Verpackungsmaterialien, sind schon Projekte angelaufen, Expertinnen und Experten eingestellt und Anlagen im Aufbau.ank