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„Stalltaler“ ermöglichen den Umbau

Projekt In Beuren befinden sich seit über 40 Jahren unbewohnte Wohnstall-Häuser. Mithilfe einer Genossenschaft soll eine besondere Gastronomie entstehen. Von Lutz Selle

Engagieren sich für die Sanierung des Gebäudes Stocknachstraße 11: (von links) Volker Streicher und Kerstin Röner (mit einem „St
Engagieren sich für die Sanierung des Gebäudes Stocknachstraße 11: (von links) Volker Streicher und Kerstin Röner (mit einem „Stalltaler“) von der Genossenschaft „Wohnstall“, Bürgermeister Daniel Gluiber und Architekt Martin Schweizer. Foto: Lutz Selle

Die Gemeinde Beuren verfügt in der Ortsmitte über 70 Baudenkmäler aus vergangenen Jahrhunderten. Ein Teil davon wird schon seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt. Zug um Zug werden jedoch in Beuren alte Häuser komplett saniert und modernisiert. Inzwischen ist die Gemeinde auch in den Besitz des Gebäudekomplexes mit den Wohnstall-Häusern Stocknachstraße 11 aus dem Jahr 1536, Stocknachstraße 9 und Gartenstraße 9 gekommen. „1492 hat Christoph Kolumbus Amerika entdeckt. Nicht viel später wurde dieses Kleinod in zentraler Lage von Beuren gebaut“, stellt Bürgermeister Daniel Gluiber fest.

Für den gesamten Gebäudekomplex hat Architekt Martin Schweizer ein Konzept mit Wohnbebauung, Treppenhaus, Aufzug und Tiefgarage unter dem Neubau mit Einfahrt an der Gartenstraße entworfen und rechnet mit Baukosten von rund sechs Millionen Euro für das gesamte Areal. Alles, was von den Gebäuden noch zu retten ist, bleibt erhalten - beispielsweise der Wohnteil der Stocknachstraße 9. „Der Teil hinter dem Knick ist schon eingestürzt und kann nicht mehr gehalten werden“, bedauert Architekt Martin Schweizer.

Regionale Leckereien

1,2 der sechs Millionen sind für das Gebäude Stocknachstraße 11, für das eine ganz besondere Nutzung vorgesehen ist. In dem ehemaligen Wohnstall-Haus, das seit 1978 unbewohnt ist, soll bis Anfang 2024 im Erdgeschoss und im Obergeschoss eine Besenwirtschaft eingerichtet werden, die ganzjährig und auch in der Mittagszeit den Gästen nicht nur Täleswein, Most und Apfelsaft von den benachbarten Streuobstwiesen, sondern auch regionale Speisen und Leckereien anbietet. „Die Heimatliebe soll hier zum Ausdruck kommen“, erklärte Bürgermeister Daniel Gluiber. Hinter dem Haus ist eine Außenbewirtschaftung ge- plant. Welcher Gastronom das Konzept umsetzen wird, steht noch nicht fest. „Wir suchen noch Interessenten, die das Projekt unterstützen.“

Wie die 1,2 Millionen Euro aufgebracht werden sollen, um das Haus Stocknachstraße 11 mit neuem Leben zu füllen, dafür gibt es nun aber eine Lösung. Die Bürger Alexander Maurus, Volker Streicher, Frank Wobith und Kerstin Röner haben eine Genossenschaft gegründet, die bis zum 31. Oktober 1200 Genossenschaftsanteile an Bürger und Unternehmen verkaufen möchte. Genossenschaftsanteile wird es in der Währung „Stalltaler“ geben. Ein Stalltaler ist 1000 Euro wert. Die Genossenschaft kümmert sich um die Gebäudesanierung, die Suche nach solventen Mietern und den laufenden Geschäftsbetrieb. Die daraus resultierenden Erträge sollen die laufenden Kosten decken. Bleibt ein Reingewinn, kann dieser an die Anteilseigner ausgeschüttet werden. Die Anteile können auch unter Einhaltung einer Kündigungsfrist an die Genossenschaft zurückverkauft werden.

„Auf dem Sparbuch gibt es mitunter Negativzinsen. Hier kann man in die Heimat Beuren investieren“, warb Daniel Gluiber für die Stalltaler. Nachdem im Gebäude Stocknachstraße 11 nach Webern und Bauern von 1830 bis 1867 mit Friedrich Doster auch einmal ein Bäcker gewohnt hat, wünscht sich Volker Streicher, Mitbegründer der Genossenschaft „Wohnstall“, dass in der Zukunft in dem Haus auch wieder regelmäßig etwas gebacken wird, eventuell auch alte Sorten. „Da könnten sich dann auch einmal Schüler dazu gesellen, um etwas zu lernen.“

Projekt Anfang 2024 fertig

Im Herbst soll das Baugesuch eingereicht werden, das eine Regio-Gastronomie mit rund 40 Sitzplätzen für Beurener und Touristen jeden Alters vorsieht. Mindestens ein halbes Jahr dauere die Genehmigungszeit, schätzt Bürgermeister Gluiber. „Ende 2023 oder Anfang 2024 könnte das Projekt dann fertig sein.“ Zuschüsse erwartet die Gemeinde durch das baden-württembergische Landessanierungsprogramm und das Denkmalschutzprogramm des Bundes.

Auf die Idee mit der Genossenschaftsgründung sind die Beurener durch das Beispiel Bürgerbahnhof in Leutkirch gekommen. Im baden-württembergischen West- allgäu sollten 1000 Anteile für jeweils 1000 Euro verkauft werden und dann wurden es sogar 1111 Anteile, sodass offiziell keine Anteile mehr zu bekommen waren. Das Projekt ist inzwischen erfolgreich umgesetzt. Die Leutkircher Bürger haben „ihren“ Bahnhof gekauft, saniert und belebt.