Lokales

„Ich bin eben kein Heuchler“

Der abgewählte Bürgermeister Frank Ziegler hat die Nase voll von der Kommunalpolitik

Einen Tag nach seiner Schlappe bei der Bürgermeisterwahl in Wendlingen machte Bürger­meister Frank Ziegler seiner Enttäuschung Luft. Er hatte gerade einmal 10,24 Prozent der Stimmen erreicht.

Wendlingen. Der Kirchheimer Hauptamtsleiter Steffen Weigel hat die Bürgermeisterwahl in Wendlingen mit 50,24 Prozent im ersten Wahlgang gewonnen. Am Montag nahm der abgewählte Schultes Frank Ziegler im Pressegespräch Stellung zum Ergebnis. Dass er nach nur einer Amtsperiode nicht wiedergewählt wurde, sei „historisch interessant“, schreibt Ziegler in einem Brief. „Und gerade der Bürgermeis­ter, der in nur einer Amtszeit die –lange Jahre geplanten und dann auf Eis liegenden – bedeutendsten Bauprojekte verwirklicht und die größten Investitionen in die Zukunft der Stadt Wendlingen getätigt hat, wird bald nicht mehr im Amt sein.“ Der 45-Jährige legt Wert darauf, dass er für den Sportpark und den Treffpunkt Stadtmitte Impulse gegeben und die Entwicklung entscheidend mit geprägt habe, „auch wenn das immer Teamarbeit ist“.

Ziegler war am Tag nach der Wahl verbittert, aber zugleich erleichtert. Dass er sich im Wahlkampf nicht genügend eingesetzt hat, findet er nicht. Hausbesuche lehnt er ab. „Ich bin doch kein Staubsaugervertreter.“ Er habe sich redlich bemüht, der Stadt und den Bürgern gerecht zu werden, und auch dem oft schwierigen Gemeinderat. „Ich bin eben kein Heuchler, sondern ehrlich und gerade heraus“ – das sei nicht angekommen. Seinem Nachfolger Weigel gönne er den Sieg. Mit ihm habe „ein fairer Bewerber“ gewonnen.

Wie geht es bei Ziegler weiter? Er fahre für einige Tage mit seiner Frau in den Urlaub. Danach will er mit seinem Stellvertreter Gerd Happe das Vorgehen besprechen. Ziegler ist noch bis zum 30. September im Amt. Sitzungen des Gemeinderats will er nicht mehr leiten. In der Verwaltung stünden wichtige Aufgaben an wie das Qualitätsmanagement, das er begleiten will.

Über seine berufliche Zukunft hat sich Ziegler Gedanken gemacht. „Ich will nicht mehr in die Kommunalpolitik.“ Ideen gebe es, aber nichts Konkretes. Er will einige Monate pausieren und dann bis Januar eine berufliche Perspektive finden. Aus Wendlingen zieht er weg. Ab 1. Oktober sei er im Ruhestand. Da er dann 46 Jahre alt ist und sich zur Wiederwahl gestellt hat, hat er Anspruch auf eine Pension. Denn Ziegler ist seit mehr als 18 Jahren Beamter – zuvor war er Hauptamtsleiter in Bad Steben (Bayern). Vier Monate lang bezahlt ihm die Stadt sein Gehalt als Übergangsgeld. „Die Pension liegt deutlich unter dem bisherigen Verdienst“, sagt Karl-Heinz Bromberger, stellvertretender Direktor des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg. Genaue Zahlen dürfe er nicht nennen.

Das überraschende Wahlergebnis beschäftigt auch die Wendlinger. Stadtrat Klaus Rilling (Freie Wähler) hätte die Schlappe „so deutlich nicht erwartet“. Obwohl die Zusammenarbeit mit Ziegler im Gemeinderat schwierig gewesen sei, habe er ihn als fair und sachlich erlebt. „Ihm fehlte die Dynamik.“ Als langjähriger Geschäftsführer der Stadtwerke Esslingen hat Rilling „verlässlich“ mit Zieg­ler zusammengearbeitet. Weigel will er „die Chance geben, seine Ideen zu verwirklichen“.

Walter Heilemann (CDU) hat Zieg­lers Niederlage erwartet. „Das hat man an der Stimmung in der Bevölkerung gespürt.“ Der CDU-Fraktionschef ist enttäuscht über die schlechte Wahlbeteiligung, die nur bei rund 54 Prozent lag. „Wir hatten drei Bewerber, und da lassen uns die Bürger so im Regen stehen.“ In einem zweiten Wahlgang hätte Edgar Hemmerich, der CDU-Mitglied ist, aus Heilemanns Sicht gute Chancen gehabt. Für die Vereine verspricht sich Karl Michael Müller, Vorsitzender des Vereinsrings, viel vom neuen Bürger­meister Weigel: „Als aktives Vereinsmitglied weiß er, worauf es ankommt.“ Das habe er bei Ziegler oft vermisst. „Als Privatperson“ hat Müller Steffen Weigel unterstützt.

Dass Bürgermeister abgewählt werden, kommt laut Roger Kehle, dem Präsidenten des Gemeindetags, immer öfter vor. „Die Bürger sind der Souverän und entscheiden.“ Nach einer Statistik sind 2011 in Baden-Württemberg bereits zehn Prozent der Bürgermeister abgewählt worden, 2010 waren es fünf Prozent.