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„In Acapulco war ich auch schon“

Walter Zankl aus Kirchheim feiert morgen seinen 90. Geburtstag

90. Geburtstag Walter Zankel
90. Geburtstag Walter Zankel

Kirchheim. Walter Zankl streicht sich seine moderne, blau gestreifte Krawatte glatt. „Meine Schwestern sind 90 und 94 Jahre alt geworden, meine Mutter 99.“ Er lächelt, seine

Ana-Marija Bilandzija

hellblauen Augen leuchten. Morgen feiert er seinen 90. Geburtstag.

Walter Zankl wurde am 25. März 1921 in Potschetzau in Tschechien geboren. 1941 wurde er zum Militär eingezogen; er kam über Wilna in Litauen und über Südfrankreich nach Rostow in Russland. 1943 erlitt er dort einen schweren Lungensteckschuss, im Feldlazarett wurden ihm die Splitter entfernt und er erhielt eine Bluttransfusion. Walter Zankl knöpft die Ärmel seines weißen Hemdes auf und zeigt auf eine Narbe am Unterarm.

Damit hatte sein Leid noch kein Ende: Im November 1943 wurde ihm in einer Spezialklinik für Lungenerkrankungen ein Schlauch gesetzt. Tränen steigen ihm in die Augen, wenn er darüber spricht. Auch eine Nervennaht am Oberarm musste er über sich ergehen lassen, drei Finger seiner linken Hand sind taub.

Nach der Kapitulation im Mai 1945 kam Walter Zankl zurück nach Tschechien. Von Neusattel aus, wo er in einer Porzellanfabrik gearbeitet hatte, zog er im Juli 1946 gemeinsam mit seiner Familie nach Griesbach in Bayern. Von 1948 bis 1950 arbeitete der gelernte Maurer in München und pendelte freitags nach Hause, um seine Mutter und die Geschwister zu versorgen.

Nach Kirchheim verschlug es ihn im August 1951 der Arbeit wegen. Bei der Arbeit lernte er drei Monate später seine Frau kennen: „Wird das wieder sauber?“, fragte sie, als er gerade mit Kanalarbeiten in ihrer Straße beschäftigt war. „Dann waren wir tanzen, wie sich das halt so ergibt“, erinnert sich Walter Zankl und grinst. Seine Frau brachte einen siebenjährigen Sohn mit in die Ehe, den Walter Zankl zärtlich „meinen Sohn“ nennt. Zwei gemeinsame Kinder folgten. Heute hat Walter Zankl vier Enkel und sogar drei Urenkel.

Ein Teil der Familie lebt in Südafrika, wo ein Sohn Zankls während seiner Arbeit bei Bosch unter anderem tätig war. Zwei Mal hat Walter Zankl seinen Sohn dort besucht. Ein Mal mit seiner Ehefrau, nach ihrem Tod 2001 noch einmal mit seiner Schwiegertochter. „In Acapulco war ich auch schon“, bekennt er stolz.

Ein eigenes Auto hatte Walter Zankl nie - er war immer auf dem Fahrrad unterwegs. Seit seiner Knieoperation 1986 muss er zwar aufs Fahrradfahren verzichten, spazieren geht er aber nach wie vor gern. Und schwimmen - „dienstags, freitags und sonntags“. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig ist der Rentner fit. „Er führt Tagebuch und Haushaltsbuch, notiert akribisch alle Termine“, sagt seine Tochter.

Im Seniorenzentrum Fickerstift ist er beliebt: Donnerstags, am Kaffeenachmittag, sitzt er am sogenannten „Stammtisch“, freitags spielt er manchmal Karten mit seinen Nachbarn. Manchmal bewundern sie die Pflanzen im Hof, die Walter Zankl selbst gepflanzt hat - er hatte früher einen Schrebergarten.

Wenn jemand eine Wohnung im Seniorenheim besichtigen will, zeigt die Rezeptionistin oft Walter Zankls Wohnung vor. Den Haushalt macht er selbst. Waschen, bügeln, putzen - alles kein Problem. „Ich wollte ihm mal mit den Hemden helfen, das mache ich jetzt nicht mehr. Er hat da so eine Faltschablone, das muss alles ganz akkurat sein“, sagt seine Tochter. „Er hat seinen eigenen Kopf“, fährt sie fort, „aber lieb ist er.“

Foto: Deniz Calagan