Lokales

Mehrgenerationenhaus ohne Geld

Die Förderung für die Kirchheimer Linde läuft demnächst aus

Der Fortbestand des Mehrgenerationenhauses Linde steht auf der Kippe, denn die Förderung läuft Ende 2012 aus. Bisher erhält die Einrichtung jedes Jahr 40 000 Euro an Fördergeldern vom Bund. Wie es weitergehen soll, wenn diese Gelder versiegen, ist noch völlig unklar.

Im Mehrgenerationenhaus Linde zeigen ein paar ältere Damen einer Gruppe Jugendlicher, wie man Bridge spielt.  Foto: Jean-Luc Jac
Im Mehrgenerationenhaus Linde zeigen ein paar ältere Damen einer Gruppe Jugendlicher, wie man Bridge spielt. Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Vor der Linde stützen sich ein paar alte Damen auf ihre Rollatoren und halten ein Schwätzchen. Im Erdgeschoss weist ein Schild den Weg zur Anmeldung zum Ferienprogramm. Im ersten Stock feilen ein paar Skater an ihrer Technik. Wer nachmittags durch das Mehrgenerationenhaus Linde läuft, begegnet Menschen aus vielen Teilen der Gesellschaft. Dieser Gedanke ist seit 2007 Programm: Die Linde ist eines von etwa 500 Mehrgenerationenhäusern, die vom Bund finanziell unterstützt werden.

40 000 Euro bekommt das Mehrgenerationenhaus Linde, das vom Kreisjugendring getragen wird, seit 2007 jährlich vom Familienministerium überwiesen. Die Stadt Kirchheim und der Landkreis kommen zwar für den größten Teil der Personalkosten auf. Die Kommune übernimmt zusätzlich die Sachkosten und gewährt einen Programmzuschuss. Der Wegfall der 40 000 Euro würde das Mehrgenerationenhaus dennoch empfindlich treffen. „Das ist bei Weitem der größte Batzen“, sagt Hausleiter Matthias Altwasser.

Genau dieser Fall könnte aber demnächst eintreffen. Denn das „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser“, wie das Förderprogramm des Bundes offiziell heißt, läuft ab Herbst schrittweise aus. Ende 2012 ist auch für die Linde Schluss. Wie es danach weitergehen soll, das bereitet Matthias Altwasser erhebliches Kopfzerbrechen. Denn eines ist jetzt schon klar. „Eine Folgeförderung für die Mehrgenerationenhäuser wird es nicht geben.“ Für Altwasser eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Denn für ihn ist das Mehrgenerationenhaus mehr als ein Projekt. „Das ist die Zukunft“, sagt Altwasser. In einem Haus nur Jugendarbeit oder Altenarbeit anzubieten, sei nicht mehr zeitgemäß. Ein gelungenes Beispiel ist für den Hausleiter „Essen nicht vergessen“, das Mittag­essensangebot der Linde: „Da sitzt der Arbeiter neben der alleinerziehenden Mutter und dem Rentner.“ Statt Mehrgenerationenhaus könne man das Konzept auch mit dem Begriff „Vielfaltshaus“ überschreiben. Die hundertprozentige Durchmischung werde man zwar nie erreichen, sagt Altwasser, der sein Konzept oft gegen Kritik verteidigen muss. „Ich sage nicht, dass wir hier alles richtig machen.“ Aber die Linde sei nicht umsonst Leuchtturmhaus gewesen. „Das zeigt, dass es funktioniert.“

Einen kleinen Lichtblick gibt es für die Linde. Damit ab Herbst nicht das große Sterben der Mehrgenerationenhäuser einsetzt, legt der Bund ein neues Förderprogramm auf. Bestehende Einrichtungen und andere können sich um Fördergelder bewerben. Das Programm hat jedoch aus Altwassers Sicht einige Haken: Ers­tens werden nur 450 Einrichtungen gefördert, 50 weniger als bisher. „Einige wird es also treffen“, sagt Altwasser. Im Kreis Esslingen gibt es neben dem Kirchheimer Mehrgenerationenhaus noch eines in Esslingen. „Es ist fraglich, ob beide ins Programm kommen.“

Kritisch sieht der Hausleiter zudem, dass das neue Förderprogramm zwar den mehrgenerativen Gedanken als prägend ansieht, ihn aber nicht so stark in den Vordergrund stellt. „Das ist eine Rolle rückwärts“, befürchtet Altwasser. Zudem ist die Finanzierung bisher noch undurchsichtig. Der Hausleiter trifft sich in dieser Woche mit Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker und den zuständigen Amtsleitern, um ihnen das neue Förderprogramm vorzustellen. Unabhängig davon ist für ihn heute schon eines klar: „Wir werden irgendwann an den Punkt kommen, an dem es keine Fördertöpfe mehr gibt.“ Dann stelle sich der Kommune die Gretchenfrage: Was ist uns das Mehrgenerationenhaus wert?