Lokalsport

Der Traum des Ex-IsländersRandnotiz

Ach, was haben wir uns dieser Tage vor Begeisterung auf die Schenkel geklopft, als die Nachfahren der Wikinger die Engländer besiegten! Nachdem sich die Briten gerade erst von uns EU-treuen Europäern verabschiedet hatten, wirkte die sportliche Antwort wie eine gerechte Strafe.

Besondere Glücksgefühle empfand einer, der sich selber als halber Wikinger bezeichnen darf. Die Liebe hatte Frank Posch einst nach Island verschlagen. Acht Jahre wohnte, lebte und arbeitete er in Reykjavik. In dieser Zeit hat er Land und Leute kennen und schätzen gelernt.

Hilfreich war auf seinem Weg in der fremden Umgebung der Fußball. Posch ist aus der Jugend des TSV Ötlingen und VfL Kirchheim hervorgegangen. Er spielte bei den VfB-Amateuren, hatte fünf Bundesligaeinsätze und wechselte zum SV Bonlanden. In seiner zweiten Heimat stieg der Abwehrspieler 2006 mit Fram Reykjavik in die erste Liga auf, wechselte 2007 zum Ligarivalen UMF Stjarnan und ließ 2008 als 35-Jähriger seine Karriere beim Viertligisten KFG ausklingen.

Inzwischen wohnt er wieder in Ötlingen und versucht als Co-Trainer mit, den alten Glanz des VfL wieder aufzupolieren. In Island hat er viele Freunde zurückgelassen, ist emotional noch stark mit Land und Leuten verbunden. „Es war ein großes Kapitel in meinem Leben“, sagt er.

Die Wikinger durchquerten mit ihrem Drachenbooten einst den Ärmelkanal und räuberten auch Frankreich aus. Ob sich Geschichte wiederholt, wenn die Isländer morgen Abend im Viertelfinale auf die Gastgeber treffen? Posch drückt kräftig die Daumen. Aber er sagt: „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass noch einmal so eine Sensation wie gegen England gelingt. Rein logisch können die Isländer nicht gewinnen.“

Was ihn nicht daran hindert, insgeheim davon zu träumen. Schon allein deshalb, um zu erfahren, ob der französische Schwimm-Olympiasieger Yannick Agnel sein Versprechen, im Falle eines EM-Triumphes von Island um die ganze Insel herumzuschwimmen, wahr machen würde. 2 000 Kilometer am Stück. Für den Erfolgsfall wünschen wir schon mal viel Vergnügen! KLAUS SCHLÜTTER