Leserbriefe

Döner macht schöner

Leserbrief zu den Berichten zum Staatsbesuch von Bundespräsident Steinmeier in der Türkei

Viele Leser werden sich noch an den dümmlichen, aber durchaus lustigen Faschingsknaller von vor einigen Jahren: „Ich hab‘ ne Zwiebel auf dem Kopf, ich bin ein Döner, denn Döner macht schöner…“ erinnern. Nun reiste, man reibt sich die Augen, eine Delegation um Bundespräsident Steinmeier mit einem solchen tiefgekühlten 60-Kilogramm-Fleischklumpen in die Türkei, um damit das 100-jährige Jubiläum der deutsch-türkischen Beziehungen zu feiern und zu „verschönern“. Statt Fassanstich, der ja in einem vorwiegend muslimischen Land unmöglich wäre, oder Enthüllung einer Statue nun also ein erkennbar ungeschickt an einem Riesen-Döner schnippelnder Bundespräsident. Und das vor Kameras aus aller Herren Länder, geht’s noch?

Ein ungeschriebenes Gesetz besagt eigentlich, man sollte als Gast in einem fremden Land kein Gastgeschenk mitbringen, von dem es vor Ort nur so wimmelt und das dort in gleicher oder höherer Qualität hergestellt wird. Man sollte zum Beispiel, so das Sprichwort, „keine Eulen nach Athen“ und „keine Kohle nach Newcastle“ tragen.

Die Aktion mit dem Döner mag ja vielleicht gut gemeint gewesen sein, ist jedoch ein typisches Beispiel für klischeehafte Symbolpolitik und Pflege von Stereotypen. Man muss sich auch fragen, was Leute wie zum Beispiel der Biontech-Gründer Şahin, der Regisseur Akin, der Comedian Ceylan oder … Landwirtschaftsminister Özdemir von der ganzen Sache halten.

Man darf auf die nächsten Gastgeschenke deutscher Politiker im Ausland gespannt sein: zum Beispiel eine Riesenbaguette für Macron oder eine Magnumpizza „alla putanesca“ für Meloni?

Dr. Ernst Kemmner, Kirchheim