Kirchheim

Mitbringsel für die Zuhörer

Lesung Der Literaturbeirat der Stadt Kirchheim hatte den Autor Walle Sayer mit seinem neuen Gedichtband zu Gast.

Walle Sayer
Walle Sayer. Foto: pr

Kirchheim. Nach einer Reise bringt man gerne den Daheimgebliebenen kleine Geschenke mit - eben Mitbringsel. Eine ganze Reihe von Zuhörern wartete gespannt darauf, was ihnen der Lyriker Walle Sayer wohl mitgebracht hatte. Bei der Veranstaltung des Literaturbeirats der Stadt Kirchheim im Max-Eyth-Haus stellte der Autor unter anderem seinen neuen Gedichtband „Mitbringsel“ vor. Der in Horb am Neckargeborene Sayer führte sein Publikum zunächst in seine Kindheit und Jugend. In seinem Elternhaus habe es keine Bücher gegeben, und den ersten Zugang zu Gedrucktem habe er in der Pfarrbibliothek gefunden.

In ruhigem Duktus gab Walle Sayer seinen Zuhörern Zeit zum Nachdenken. Aus seinem inzwischen neunten Gedichtband, den „Mitbringseln“ trug er zunächst „Dinggedichte“ vor. Alltagsgegenstände rückte er in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen: In „Spartanisch“ wird die Matratze des Pubertierenden „im schwierigen Alter“ zum Bett und die Obstkiste zum Nachttisch. Oder eine Person, die zur Grabpflege eine „Gießkanne“ noch früher „bis zum Rand gefüllt“ tragen konnte, transportiere sie kaum mehr halbvoll „auf dem Sitzbrett des Rollators“ in die hinteren Reihen.

Sichtbares sichtbar machen

Schon beim Titel seines nächsten Gedichtes erntete er bei der vorwiegend weiblichen Zuhörerschaft ein kennerhaftes Schmunzeln: „Das Geheimnis des Kartoffelsalats“, um schon in der ersten Zeile zu antworten: „Es gibt keines.“ Er gestand, dass er in einer Kulturgaststätte gelegentlich kellnere und dabei sehr viele Beobachtungen mache, die er in seine Gedichte einfließen lasse. Das „Wimmelbild“, die „Weinfraktion“ sowie die „Tischnachbarschaft“ geben davon Zeugnis.

In seinen Texten geht es um „den Punkt, den Augenblick, die Wendung, den Gedankensprung, mit dem das Prosaische in Poesie übergeht“. Wie wenige, heißt es über ihn, beherrsche er, was Paul Klee von der Kunst generell forderte: nicht das Sichtbare wiederzugeben, sondern sichtbar zu machen.

Besonders deutlich wird dies in seinem Gedicht: „Der Narr erteilt den Schlusssegen“. Es bildete das Ende einer sehr gelungenen und kurzweiligen Matinee.

„Gehet hin. Und teilt den Wald durch seine Bäume. Sucht eine Wüste, um etwas hineinzurufen. Einen Küstenabschnitt, um zu schweigen. Fern hier, wo. Auf den Punkt zu, da. Brosamen, Samen, Amen.“ pm