Weilheim · Lenningen · Umland

Bürger ernst nehmen

KOMMENTAR

Die Notzinger haben es weder Bürgermeister noch Gemeinderat zu verdanken, dass das Thema Nahversorgung dort gelandet ist, wo es hingehört: In den öffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung. Es war eine Bürgerin, die in der Fragestunde nachhakte und damit die Diskussion ins Rollen brachte. Zum Dank musste sie sich vom Bürgermeister behandeln lassen, wie ein Schulmädchen – eine Rolle, die ihr genauso wenig stand wie ihm die Rolle des Schulmeisters. Bizarr und unwürdig war der Ton, den Sven Haumacher ihr und den anderen Zuhörern gegenüber anschlug. „Bleiben Sie doch mal ganz locker und entspannt“, riet er den Zuhörern, deren „Ängste“ er als „nicht rational“ abtat. Im Gemeinderat schüttelten zwar einige die Köpfe, aber offenbar wagte es – bis auf einen Gemeinderat, der einen sachlichen Einwand vorbrachte – niemand, sich dem Bürgermeister entgegenzustellen.

Wer in die Gesichter der Bürger schaute, konnte eines sofort erkennen: Ernst genommen fühlten sie sich nicht. Dabei hatten sie ihren Feierabend geopfert, um das zu tun, was sich jeder Gemeinderat und jeder Bürgermeister wünschen sollte: Interesse zeigen an dem, was im Ort vor sich geht. Sorgen zum Ausdruck bringen. Den Willen demonstrieren, mitzugestalten. Bürgermeister und Gemeinderat müssen das anerkennen und ernst nehmen, selbst wenn sich nicht jeder Wunsch in die Tat umsetzen lässt. Am Lebensalltag der Menschen vorbei Politik zu machen, geht langfristig nicht gut.