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Zweifelhafte Methoden

Zum Artikel „Uni Tübingen: Weiter Forschung mit Krähen“ vom 8. Mai

Die Universität Tübingen will weiter an der invasiven Hirnforschung an Krähen (und anderen Tieren) festhalten, um herauszufinden, „wie höhere Gehirnfunktionen aus der Aktivität von Neuronen im Gehirn entstehen”. Sie verweist darauf, dass die Versuche vom Regierungspräsidium Tübingen genehmigt worden seien. Das heißt aber nicht viel. Denn die zuständigen Behörden haben bisher kein eigenständiges Prüfrecht, sondern müssen einen Versuchsantrag bewilligen, wenn der Experimentator selbst die Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit des Versuchs begründet hatte.

Die lange Zeit gültige Lehrmeinung, Tiere könnten nicht denken, wurde dank wissenschaftlicher Studien in den vergangenen Jahren gründlich widerlegt. So wichtig diese Erkenntnisse über die kognitiven Fähigkeiten der Tiere auch sind - Versuche, die die Probanden schwer belasten, sind aus meiner Sicht ethisch inakzeptabel.

Es geht auch anders: Der amerikanische Ornithologe und angesehene Rabenforscher John M. Marzluff etwa benutzt bildgebende Verfahren, um Aktivitäten in den Gehirnen frei lebender Krähen sichtbar zu machen. Die eingefangenen Tiere bleiben für die Dauer der Untersuchungen im Labor und werden anschließend wieder freigelassen.

Beispielhaft für eine tiergerechte Kognitionsforschung ist auch das renommierte Messerli-Institut der Universität Wien, das ausdrücklich auf einen invasiven Forschungsansatz verzichtet. Trotzdem erzielen die Forscherinnen und Forscher herausragende wissenschaftliche Resultate, indem sie die unterschiedlichsten Tierarten „beim Lösen spezieller, ihrem natürlichen Verhalten entsprechenden Aufgaben sowohl in natürlichen als auch in semi-natürlichen Umgebungen beobachten“.

Marie-Luise Strewe, Lenningen