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geistliches Wort

Nicht nur Promis wollen manchmal unerkannt bleiben. Auch Pfarrer, Pastorinnen und Priester kennen solche Sehnsüchte. Wenigstens einmal im Jahr inkognito sein. Einmal untertauchen. Im Sommerurlaub zum Beispiel. So wie die beiden Priesterkollegen, die völlig in ihrem Beruf aufgingen und sich dann einen richtig tollen Urlaub gegönnt haben. Nach Hawaii sind sie geflogen. Weit, weit weg. Gleich nach der Ankunft, noch ehe sie sich in ihrem Hotel einquartiert hatten, besorgten sie sich passende Sandalen, coole Sonnenbrillen und angesagte Bademode für Männer. Als sie am nächsten Morgen mit einem Drink am Strand saßen und unbeschwert die Sonne genossen, ging eine Bikini-Schönheit an ihnen vorüber. Sie lächelte und nickte ihnen freundlich zu: „Guten Morgen, Patres!“

Die beiden sahen sich entgeistert an: Woher in aller Welt wusste die Frau, dass sie Priester waren? Vielleicht aber machte sie sich nur einen Spaß, und ihre Anrede beruhte auf einer reinen Vermutung, die zufällig ins Schwarze traf. Doch so ganz trauten die Priester der Sache nicht. Tags darauf vervollständigten sie daher ihre Garderobe, ergänzten die weitere Ausstattung mit ein paar überflüssigen Utensilien und standen am Ende den typischen Hawaii-Touristen in nichts nach - quietschbunte Hemden, billige Fotoapparate, Strohhüte und so weiter. Erneut machten sie sich’s am Strand bequem, absolut sicher, in diesem Aufzug unerkannt zu bleiben. Und wieder kam die Schöne im Bikini vorbei, lächelte und wünschte den Patres einen sonnigen Tag. Einer der beiden konnte seine Neugier nicht länger zügeln und lief der Dame hinterher. „Eine Sekunde bitte, gnädige Frau. Wir sind ja wirklich stolz darauf, Priester zu sein, aber woher wissen Sie das eigentlich - bei unserem Outfit?“ - „Aber Pater“, antwortete die Schöne vergnügt, „ich bin’s doch, Schwester Monika!“

Ich kann die Patres gut verstehen. Mir geht’s nämlich genauso. Aber ich finde auch gut, dass sie sich nicht völlig hinter ihrer Sonnenbrille verstecken können. Sie sind und bleiben Patres, auch auf Hawaii. Ich bin und bleibe Christ, auch im Urlaub. Christsein ist kein Mantel, den ich an der Garderobe abgeben könnte. Christsein ist wie eine zweite Haut. Es gehört zu meiner Identität. Und die muss ich nicht verleugnen. Ja, ich bin sogar stolz auf sie. Warum sollte ich sie verstecken? Und es macht Freude, als Christ zu leben. Warum sollte ich sie unterdrücken?

Drei Gründe zum Schluss, warum sich Christsein lohnt. Erstens: Christsein heißt, unbekümmert auf Gott zu vertrauen. Meinen Kopf in seine Hände geben. Mich gehalten wissen. Das ist Glaube. Zweitens: Christsein heißt leben, wie Jesus gelebt hat. Seinen Traum realisieren. Lieben. Und drittens: Christsein heißt, jeden Tag neu anfangen können. Nicht aufgeben müssen. Hoffnung haben. Für ­immer.

Stefan Herb Pastor der evangelisch-methodistischen Zionskirche in Kirchheim