Lokale Kultur

Vom Hühnerstall zum Highway

Sporttheatergruppe der Alleenschule begeisterte zum „Szenenwechsel“-Finale mit der Szenen-Collage „Born to be wild“

Szenenwechsel, "Born to be wild", Sporttheatergruppe der AlleenschuleSchattentheater
Szenenwechsel, "Born to be wild", Sporttheatergruppe der AlleenschuleSchattentheater

Kirchheim. Mit Zugaberufen, stehenden Ovationen und ausgelassener Partystimmung zu Michel Telos Gute-Laune-Hit „Nossa, Nossa“ bedankte sich das Publikum bei der

Sporttheatergruppe der Alleenschule für einen eindrucksvollen Schlussakkord der Kinder- und Jugendtheaterwochen „Szenenwechsel“.

Wieder einmal wurden Christin Burgstett und Günter Zogelmann mit ihrem originellen Theaterangebot der großen Herausforderung gerecht, etwas abzuliefern, das nach hartem Training so leicht und luftig daherkommt, als wäre wirklich alles nur spielerische Improvisation auf höchstem Niveau.

Eine Oma, ihre Enkelin und ganz viele weitere „coole“ Darsteller zeichnen in vielfältigen Einzelbildern ein punktgenaues und manche Vorurteile aufweichendes Gesamtbild der Jugend von heute und von früher. Vom Besuch im CD-Shop geht es in die Schule, zur Disco, zum Tanzkurs und immer wieder „auf die Piste“.

Ein Erfolgsgarant für vorangegangene Auftritte der Sporttheatergruppe war bislang die enge Kooperation mit der lautstarken und von einer eigenen großen Fangemeinde getragenen Band der Alleenschule. Da sich eine Nachfolge-Formation schon im Aufbau befindet, kann vielleicht schon bei der nächsten Staffel von „Szenenwechsel“ wieder mit fetziger Livemusik in der Schul-Aula gerechnet werden. Die für die aktuelle Ins­zenierung ausgewählten Einspielungen waren aber zweifellos erste Sahne.

Nachdem die Sporttheatergruppe zunächst um die Schule gezogen und dann lärmend in die Aula eingefallen war, entwickelte sich eine interessante szenisch-musikalische Collage, in deren Mittelpunkt zwei „Mädels“ standen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Wann immer „Oma“ und ihre elfjährige Enkelin zusammentrafen, gewährten sie sich gegenseitig originelle Einblicke in ihre Zeit, in ihre Musik und vor allem auch in ihre Gefühle.

Zum kunstvoll in die Aula projizierten schweren Motorrad erklang zunächst das mit zarten Stimmen brav intonierte Kinderliedchen von der unverbesserlichen Anarcho-Oma, die im Hühnerstall Motorrad fährt. Als sich Oma und Enkelin dann aber – wie Schattenrisse wirkend – auf den Sitz der schweren Maschine schwingen, um nach einem kraftvoll aus den Boxen brüllenden Kavalierstart über die Bühne zu brettern, steppt der Wolf auch musikalisch.

Der Steppenwolf-Klassiker „Born to be wild“, der dem Sportheater-Spektakel seinen vielversprechenden Titel gab, kann nun einmal nicht leise gespielt werden. Dafür wurde die zeitlose Hardrock-Hymne für alle Zweiradfahrer auch nicht erfunden. Der nach Freiheit, Rebellion und Abenteuer riechende Soundtrack des Roadmovies „Easy Rider“ führte dann auch schnell weit weg von dem Kinderliedchen und konfrontierte die tolerante Oma als nächstes mit „Rehab“ von Amy Whine­house, dem großen Idol ihrer musikbegeisterten Enkelin.

Ob nun gute mit schlechten oder neue mit alten Zeiten verglichen wurden, die bunt aneinandergereihten Episoden aus aktuellen und vergangenen Epochen wurden ungemein originell erzählt und mit einer Me­lange aus Schwarzlichteffekten, Schatten-, Clown- und Zirkustheater mit großer Spielfreude perfekt inszeniert.

Besonders eindrucksvoll waren neben den bewusst kontrastreich eingesetzten Musikeinspielungen vor allem auch die vielen Tanzeinlagen. Die virtuos choreografierten Gruppen-Auftritte sorgten für genauso faszinierte Aufmerksamkeit wie manche bewegungsbegabte Solisten. Spätestens bei der von einer Woge der Begeisterung getragenen Zugabe lösten sich aber alle vielleicht noch vorhandenen Spannungen, und es war nicht zu übersehen, dass die erfolgreich „überstandene“ Premiere einfach allen nur noch Spaß machte.

Schüler, die sich vielleicht nie freiwillig mit einem auch noch so kurzen Gedicht beschäftigen würden oder es gar auswendig gelernt hätten – wie einst Alexandras „Oma“ – hatten sich zuvor problemlos durch die komplexe Textfolge gerapt, mit der Rapper „Fard“ seinen Fans bewusst macht, dass er weder reich noch schön, sondern ein Kind der Straße ist und aus verschmähter Liebe auch noch „zum Jungen ohne Herz“ wird.

Hatte sich „Oma“ als Kind brav in den Schlaf singen und kindgerecht „einlullen“ lassen von „La Le Lu“, das mit Schauspieler-Legende Heinz Rühmann einst sogar in die Hitparaden stürmte, lässt sich heutzutage Enkelin Alexandra von „Chulcha Candelas“ Super-Hit „Monster“ um den Schlaf bringen.

Nicht nur laut, sondern vor allem auch unheimlich originell und ideenreich ging es bei den generationsübergreifend in Szene gesetzten Lebensbildern zweier Vertreter ihrer Zeit zu. Die Oma war nicht in der Lage, Amy Whinehouse von Lady Gaga zu unterscheiden und konnte sich auch nicht unbedingt mit dem Rocksong „The Wich“ von den Rattles anfreunden.

Einig waren sich spätestens bei der gut gewählten Zugabe aber alle, dass mit „Ai Se Eu Te Pego“ – dem Welthit des Brasilianers Michel Telo – der größte gemeinsame musikalische Nenner gefunden war. Das könnte freilich auch daran liegen, dass „Oma“ bei dem gemeinsam gesungenen „Nossa, Nossa“ vielleicht an ihre eigene Jugendzeit und Rex Gildo dachte, der mit dem „Hossa, Hossa“ seines Songs „Fiesta Mexicana“ ebenfalls wahre Begeisterungsstürme hatte auslösen können . . .