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Zeitenwende

Frenkie Ignjatovic hat eine Entscheidung getroffen. Für seine sportliche Karriere als Trainer, für seine Familie und damit gegen Kirchheim. Wer ihn kennt und ihn genauer beobachten konnte in den vergangenen Monaten, für den kommt dieser Schritt nicht überraschend. Nachdenklich, erkennbar frustriert, so hatte man den 47-jährigen aus Ober-Ramstadt während seiner sechsjährigen Arbeit in Kirchheim zuvor nur selten erlebt. Der Mangel an Gestaltungsmöglichkeiten und die fehlende Hoffnung, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern könnte, waren die entscheidenden Gründe dafür. Wohl aber auch die schlichte Erkenntnis, dass die andere Seite des ehrgeizigen Basketball-Fanatikers dem ganz großen persönlichen Erfolg bisher im Wege stand. Dort erlebte man den Menschen Ignjatovic, dem Loyalität, Verlässlichkeit und gegenseitiges Vertrauen wichtiger waren, als der persönliche Triumph.

Mit dem Einzug ins Endspiel um die Meisterschaft in der Pro A hat Ignjatovic vor zwei Jahren die Basketball-Welt in Kirchheim für einen Moment aus den Angeln gehoben. Kein Produkt des Zufalls, sondern der Höhepunkt einer beispiellosen Erfolgsgeschichte, die mit dem Aufstieg in Deutschlands zweithöchste Spielklasse 2008 ihren Anfang nahm. Dass er auf dem Gipfel seiner bisherigen Trainerkarriere den Kirchheimern nicht schon damals Lebewohl sagte, ließe sich heute als seinen größten Fehler bezeichnen.

Egal, wer nun in seine Fußstapfen tritt, der neue Trainer steht für eine Zeitenwende. Die Ziele werden andere sein. Der Kreis der Mannschaften, mit denen sich die Kirchheimer in der Pro A auf Augenhöhe begegnen, schrumpft von Jahr zu Jahr. Gleichzeitig gilt als sicher, dass sich die Anforderungen der Liga schon in den kommenden zwei Jahren dramatisch verschärfen werden. Der Zwang zur Professionalisierung bürdet den Vereinen immer neue Investitionen in Verwaltung, Nachwuchsarbeit und Infrastruktur auf. Der Status quo, das wissen auch die Verantwortlichen in Kirchheim, wird auf Dauer zu wenig sein. Ihn überhaupt zu erhalten, ist zur Stunde schwierig genug. Das Kirchheimer Modell droht an seine Grenzen zu stoßen. Auf die Knights wartet ein ganzer Berg von Aufgaben. Die Suche nach einem Trainer ist vermutlich die leichteste davon.

BERND KÖBLE