Lokales

Böllern zur rechten Zeit am rechten Ort

Silvester-Feuerwerk ist nur an zwei Tagen erlaubt, in Kirchheims Innenstadt aber komplett verboten

Am heutigen Samstag beginnt der Feuerwerksverkauf. Ob das eine Freude oder ein Ärgernis ist, das hängt von der jeweiligen Perspektive und von der persönlichen Einstellung zum Feuerwerk ab. Allerdings gibt es gewisse Regeln, die dafür sorgen sollen, dass die einen ihrer Freude freien Lauf lassen können, ohne dass sich die anderen übermäßig ärgern müssen.

Mit farbenprächtigem Feuerwerk wird in Kirchheim der Jahreswechsel begangen. Geschossen werden darf allerdings nicht überall, sc
Mit farbenprächtigem Feuerwerk wird in Kirchheim der Jahreswechsel begangen. Geschossen werden darf allerdings nicht überall, schon gar nicht in der Altstadt.Archiv-Foto: Deniz Calagan

Andreas Volz

Kirchheim. Das mit den Regeln ist immer so eine Sache: Wenn in nahezu jedem Haushalt Böller und Raketen lagern, dann ist die Versuchung für die Besitzer natürlich ganz besonders groß, die eine oder andere Zündschnur auch einmal zur falschen Zeit oder am falschen Ort zu entflammen. Wem das dann – völlig zu Recht – nicht gefällt, der würde die Feuerwerksbegeisterten gerne zur Ordnung rufen.

Die Personen aber, die für die Aufrechterhaltung der Ordnung tatsächlich zuständig sind, können nicht überall zur gleichen Zeit sein. Somit ist auch dieses Mal wieder damit zu rechnen, dass so mancher sein Pulver außerhalb des dafür vorgesehenen Rechtsrahmens verschießt, ohne deswegen mit ernsthaften Konsequenzen rechnen zu müssen.

Umso wichtiger ist also die Einsicht, dass ein friedliches Zusammenleben nur dann funktionieren kann, wenn beide Seiten versuchen, sich in die Lage des jeweils anderen zu versetzen. So können die Feuerwerksgegner ein wenig Verständnis und Toleranz aufbringen für die Freude derer, die da mit viel Lärm, Rauch und buntem Licht das neue Jahr begrüßen wollen. Und umgekehrt können auch die „Feuerwerker“ ein bisschen Rücksicht auf diejenigen nehmen, die vom Lärm eben nicht ganz so begeistert sind wie sie selbst.

Was die richtige Zeit betrifft, so ist das Hantieren mit Feuerwerksartikeln nur am 31. Dezember und am 1.  Januar erlaubt, auch wenn der Verkauf bereits am drittletzten Werktag des Jahres beginnt – in diesem Fall eben am Samstag, 28. Dezember. Auf ganze 48 Stunden beschränkt sich also die Zeit, in der die Lunten von Amts wegen Feuer fangen dürfen. Für die übrigen 8 712 Stunden eines normalen Jahres gilt, was das Kirchheimer Ordnungsamt auf der Homepage der Stadt schreibt: „Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ohne entsprechende Genehmigung im Zeitraum vom 2. Januar bis 30. Dezember eines Jahres stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, für die eine Geldbuße verhängt werden kann.“

Eine weitere Sache ist der richtige Ort fürs Böllern und Raketenschießen. Auch der will sorgfältig gewählt sein, denn in der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz, auf die sich das Ordnungsamt als Rechtsgrundlage beruft, heißt es unter anderem: „Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern ist verboten.“ Bis auf Reethäuser lässt sich in Kirchheim alles finden, was hier aufgezählt ist.

Während ein Teil dieser räumlichen Verbote darauf abzielt, Menschen, die sich in den Gebäuden aufhalten, vor Lärm zu schützen, geht es bei der unmittelbaren Nähe von Reet- und Fachwerkhäusern darum, die Gebäude selbst – und somit indirekt auch die Menschen in den Gebäuden – vor einem Brand zu schützen. Dabei handelt es sich keinesfalls um übertriebene Hysterie, sondern um Sicherheitsanordnungen, die auf einen konkreten Fall zurückzuführen sind: auf den Brand in der Tübinger Altstadt in der Neujahrsnacht 2008/2009. Damals hatte eine Silvesterrakete den Dachstuhl eines Fachwerkhauses am Marktplatz in Brand gesetzt.

In Kirchheim gilt seither ein Feuerwerksverbot innerhalb des Alleenrings, um die Brandgefahr für die Altstadt einzudämmen. Aber auch in unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern außerhalb der Innenstadt gilt das Verbot. In den letzten Jahren gab es folglich eine Abnahme von Silvesterfeuerwerk in der Altstadt.

Gänzlich verhindern lassen wird sich die Böllerei zwar nicht, weil die Ordnungskräfte eben nicht überall sein können. Aber vielleicht setzt sich im Lauf der Jahre die richtige Einsicht auch immer stärker durch. Immerhin ist es kein Zufall, dass sich die Kirchheimer Altstadt so einheitlich als Fachwerkstadt präsentieren kann: Fast alle Gebäude innerhalb des Alleenrings sind erst nach dem verheerenden Stadtbrand von 1690 entstanden. Aber die Geschichte mit dem Phönix aus der Asche geht sicher nicht jedes Mal so gut aus.