Nürtinger Maientag: Werbung für den Festzeltbetrieb wurde auch an Schulen und Kindergärten verteilt
Ärger um Plakate für After-Work-Party

Ist es Aufgabe der Stadt, eine Veranstaltung des Festwirts im Nürtinger Maientagszelt zu bewerben? Darüber kann man geteilter Auffassung sein. Dass aber just dieses Plakat mit Werbung für die After-Work-Party und für Alkoholkonsum an Schulen und Kindergärten verteilt wurde, stößt in der Stadt auf Kritik. „Das war ein Fehler“, räumt auch OB Heirich ein.

Nürtingen. Am 8. Juni feiert Nürtingen den traditionellen Maientag. Dazu gehören das Maisingen am Freitag und der Festzug am Samstag. Seit Jahrzehnten gehört zum Nür­tinger „Nationalfeiertag“ aber auch der Rummelplatz mit dem Festzelt. Dem wurde in den letzten Jahren vonseiten der Stadtverwaltung wieder mehr Beachtung geschenkt. Otmar Heirich hat den Fassanstich im Festzelt eingeführt.

Fragwürdig ist indes der jüngste Vorstoß der Stadt in Sachen After-Work-Party. Noch bevor die Programme für den Festzug und das Maisingen verteilt wurden, hängen in der Stadt Plakate, die für einen Besuch im Maientagsfestzelt werben. Auf der Plakataktion der Weeber Festzeltbetriebe sind junge Menschen in Feierlaune abgebildet – das Foto könnte auf dem Cannstatter Wasen aufge­nommen worden sein. Stein des Anstoßes sind weniger die jungen Menschen als vielmehr der Button: „Sparbieraktion! Ein Bier kaufen – zwei Bier trinken“. Links unten deutlich sichtbar das Logo der Stadt Nürtingen.

Um für den Festwirt und die Party zum Maientagsabschluss kräftig die Werbetrommel zu rühren, hat sich das Stabsteam des Oberbürgermeisters nicht nur darauf beschränkt, das Plakat auf öffentlichen Plätzen ankleben zu lassen. Nein, man hat es auch an die Nürtinger Schulen und Kindergärten verschickt, mit der Bitte es gut sichtbar aufzuhängen.

Die Anweisung wurde in der Zwischenzeit wieder zurückgezogen. Die Stadt rudert zurück. „Aus gegebenem Anlass bitten wir die Maientagsplakate After-Work-Party nicht in ihren Schulen und Kindertageseinrichtungen aufzuhängen. Sollten diese bereits aufgehängt sein, bitte wieder abnehmen“, lautet die jüngste Anweisung aus dem Rathaus.

Und was sagt der Nürtinger Oberbürgermeister zur Aktion seiner Mitarbeiter, von der er nach seinem Urlaub erfuhr? „Die Stadt hat grundsätzlich Interesse daran, dass der Maientag beworben wird und auf große Besucherresonanz stößt.“ Und zum Maientagsprogramm gehört für den Oberbürgermeister auch der Festzeltbetrieb mit den Fahrgeschäften. Der Festwirt zahle Pacht an die Stadt und wolle deshalb verständlicherweise auch Umsatz machen. Dass er speziell den Montag mit der After-Work-Party in der Werbung herausgestellt habe, findet OB Heirich nicht anstößig. Außerdem sei auf dem Plakat nur das kleine Logo der Stadt abgebildet.

Und warum wurde das Plakat an Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen verteilt? „Das war ein Fehler“, räumt OB Heirich auf Nachfrage ein. Zusammen mit anderen Flyern und Maientagsplakaten, die jedes Jahr an die Einrichtungen verteilt würden, sei auch das Plakat für die After-Work-Party aus unerfindlichen Gründen dazugelegt worden. In Abstimmung mit dem Amt für Bildung, Soziales und Familie sei es aber inzwischen wieder zurückgezogen worden. Der Maientag, vor der Organisationsstrukturreform im Rathaus noch im Zuständigkeitsbereich des Kultur- und Schul- und Sportamtes, ist nach der Dezernatsumstrukturierung in den Aufgabenbereich des Stabsteams übergegangen. Ausgegeben wurde das Plakat vom Stabsteam, die Rückrufaktion erfolgte nun auf Anweisung des Amtes für Bildung, Soziales und Familie.

Sollte ein Plakat, wenn der Chef im Urlaub ist, nicht von seiner Stellvertreterin, in diesem Fall Bürgermeisterin Grau, abgesegnet werden? Das sieht OB Heirich nicht so. Die Maientagsorganisation liege in der Verantwortung des Stabsteams. Seine Mitarbeiterin Bärbel Igel-Goll könne hier selbstständig entscheiden, sagt Heirich.

Ist es kein Widerspruch in sich, wenn die Stadt Nürtingen auf der einen Seite durch die GWN Sicherheitsdienste engagieren lässt, um an Wochenenden alkoholisierte Jugendliche von Schulhöfen fernzuhalten, und auf der anderen Seite den Festwirt beim Ankurbeln des Bierkonsums unterstützt? In Bierzelten, so Heirich, werde nun mal Bier getrunken. Daran sei nichts auszusetzen, das sei in Nürtingen nicht anders als auf dem Cannstatter Volksfest oder in München. Das Problem sei der übermäßige Alkoholkonsum bei jungen Menschen, der müsse ganz entschieden eingedämmt werden.

Oberbürgermeister Heirich: „Ich wünsche mir, dass Nürtinger und auswärtige Gäste auch in diesem Jahr wieder sehr zahlreich zum Maientag kommen, ihren Spaß haben und dabei aber nicht vergessen, wie viel Alkohol sie vertragen.“