Mario Meißnest und Jürgen Kitzing aus Ötlingen starten bei Allgäu-Orient-Rallye – Unterstützung von Nähschule und Käserei
6 000 Kilometer für ein Kamel

6 000 Kilometer für ein Kamel
6 000 Kilometer für ein Kamel

Kirchheim. Sie bringen eine Portion Abenteuerlust mit, gepaart mit einem stattlichen finanziellen Einsatz – fünf Monate bevor in Ober­staufen der Startschuss für die Allgäu-Orient-Rallye 2011 fällt,

geben

M

ario Meißnest und Jürgen Kitzing aus Ötlingen bereits richtig Gas. Das Fahrzeug, ein Jeep, Baujahr 1990, ist längst gekauft, Sponsoren wurden an Land gezogen und die übrigen vier Teammitglieder angeheuert.

„Bei der Rallye steht nicht allein der Spaß im Vordergrund. Es geht vor allem um einen guten Zweck“, erklärt Teamchef Kitzing. Sämtliche Fahrzeuge, die entweder 20 Jahre auf dem Buckel haben müssen, oder maximal 1 100 Euro kosten dürfen, werden am Ende der Rallye in Jordanien dem World Food Programme übereignet und von dort verkauft. Bei der diesjährigen Tour erbrachten die Fahrzeuge insgesamt 81 000 Euro. Die Gelder fließen komplett in den Aufbau eines Hilfsprojekts der jordanischen Regierung. Es unterstützt Beduinen, die sesshaft werden wollen. Aktuell wird damit die Ausstattung einer Käserei in der Wüste finanziert.

Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ dient die Rallye 2011 auch dem Aufbau einer Nähschule für behinderte und bedürftige Mädchen im syrischen Salamya. „Alles, was wir mitnehmen können, werden wir persönlich abgeben“, betont Mario Meißnest, der darauf hofft, dass bis Ende April jede Menge Sachspenden zusammenkommen und der Jeep bis unters Dach gefüllt ist mit Stoffballen, Nähmaschinen, Garnrollen und anderen Utensilien. „Dass die Spenden in jedem Fall beim Empfänger ankommen, ist ein riesiger Ansporn für uns“, so der 43-Jährige.

Nächstes Jahr geht die Rallye zum sechsten Mal über die Bühne. Ziel ist jeweils Jordanien. Bei jeder Auflage haben die Organisatoren ein anderes Projekt im Auge. So hatten die Fahrer dieses Jahr beispielsweise Kinderrollstühle im Gepäck, 2009 wurden Hörgeräte für mehr als 300 hörgeschädigte Kinder nach Jordanien gebracht und von Ärzten eingesetzt.

Auch wenn die Zahlenspielereien einen anderen Anschein erwecken: Das Vorhaben ist längst mehr als eine Schnapsidee. Am 7. 7. machten die beiden Ötlinger die Nacht zum Tage: Pünktlich um 3.33 Uhr hatte der Veranstalter die Meldeseite im Internet freigeschaltet. „Innerhalb von drei Minuten hatten sich 247 Teams eingetragen“, erzählt Jürgen Kitzing, der mit etwas Glück die Startnummer 17 ergatterte. Insgesamt dürfen 100 Teams an den Start gehen. Die übrigen müssen auf das Nachrückverfahren hoffen. Über eine Annonce auf der sogenannten „Kupplungsseite“ taten die beiden Ötlinger die vier restlichen Teammitglieder aus Hessen beziehungsweise Erding auf. Ein privates Treffen und das Kennenlernfest in Oberstaufen gab der Crew die Gelegenheit, sich vorab zu beschnuppern. Wenn am 30. April 2011 die Fahrzeuge über die Startlinie rollen, wird das auf drei Autos verteilte Team für gut zwei Wochen durch dick und dünn miteinander gehen. Abhängig von der genauen Route legen die Teilnehmer rund 6 000 Kilometer zurück und durchqueren dabei ein Dutzend Länder. Autobahnen und Mautstraßen sind genauso tabu wie Navigationsgeräte. Laut Reglement dürfen im Fahrtenbuch pro Tag nicht mehr als 666 Kilometer stehen, und – eine Schnapszahl, die es in sich hat, – Übernachtungskosten dürfen 11,11 Euro nicht überschreiten. „Wir stellen uns schon darauf ein, anfangs im Auto oder bei Bauern zu schlafen“, meint Mario Meißnest. Unterwegs müssen die Teilnehmer Aufgaben lösen

, die auch zum Ziel haben, Kontakt zu den Bewohnern der durchreisten Gebiete zu bekommen. „Letztes Jahr mussten die Teilnehmer zum Beispiel einen Rotwein aus einem speziellen Anbaugebiet und ein regionales Tafelwasser mitbringen“, weiß Mario Meißnest, der sich schon darauf einstellt, auf dem Balkan den Weg mit Händen und Füßen zu erfragen. „Bei der Rallye kommt es nicht darauf an, der Schnellste zu sein – das gefällt uns“, sagen die beiden Freunde, die sich schon seit Kindesbeinen kennen. „Das ist wie Paris -Dakar für den einfachen Mann“, meint der 46-jährige Jürgen Kitzing lachend.

Geplant ist ein Treffen sämtlicher Teilnehmer in Istanbul sowie an der jordanischen Grenze. Dort werden sich für eine Rallye auch kuriosere Fahrzeuge wie ein Linienbus einfinden. Dieses Jahr hatte ein Team aus Wendlingen ein Feuerwehrauto nach Jordanien gekarrt. Auf die Ankunft in Amman sind die beiden Vertreter Kirchheims heute schon gespannt: „Unten gibt es ein riesiges Fest“, sagt Mario Meißnest. Getreu dem Motto der Veranstaltung „Meilenweit für ein Kamel“ bekommen die Sieger der Tour ein Wüstenschiff, das anschließend einem Beduinen übergeben wird. „Das Kamel ist der Einsatz der Jordanier“, erklärt Mario Meißnest, der, wie alle übrigen Rallyeteilnehmer auch, neben viel Zeit rund 5 000 Euro aus der Privatschatulle für das gut zweiwöchige Projekt inklusive Rückflug beisteuert und der sich wie Jürgen Kitzing darauf freut, sich bald ein eigenes Bild vom arabischen Raum machen zu können.