Nach einer Schlägerei gibt es Bewährungsstrafen und Geldauflagen für drei Angeklagte
Aggressionen führen zu Gewaltexzess

Drei junge Männer mussten sich gestern vor dem Kirchheimer Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ohne triftigen Grund hatten sie vor einem Jahr in Erkenbrechtsweiler fünf Menschen verletzt und einen davon sogar krankenhausreif geschlagen.

Andreas Volz

Kirchheim. Zunächst einmal wollen sie sich nur verteidigt haben, weil sie selbst angegriffen worden seien. Im Lauf der Verhandlung und nach der Befragung von insgesamt 13 Zeugen lässt sich diese Position aber nicht mehr aufrechterhalten – und das, obwohl ein wichtiger Zeuge unentschuldigt fehlt. Zwei der Angeklagten räumen schließlich ein, dass die Aggression von ihnen ausgegangen war und dass sie sich den Gewaltexzess im Nachhinein selbst nicht erklären können. Als Erklärungsansatz dient allenfalls der vorausgegangene Alkoholkonsum. Immerhin aber sagen alle drei Angeklagten – auch der dritte, der sich nicht zur Sache äußern möchte – ganz am Schluss, dass sie das gesamte Geschehen bedauern und dass sie die Geschädigten um Entschuldigung bitten.

Die Schlägerei liegt mehr als ein Jahr zurück. Am 26. Februar 2012 hatten zwei der Angeklagten, heute beide in Ausbildung und 26 beziehungsweise 20 Jahre alt, eine Gaststätte in Erkenbrechtsweiler aufgesucht. Der ältere ist mit mehreren Gästen aneinandergeraten. Er fühlte sich provoziert, weil alle nach ihm gestarrt hätten und weil seinetwegen sogar plötzlich die Musik ausgegangen sei.

Er hat daraufhin vor dem Lokal mit einzelnen Gästen „diskutiert“. Auf Nachfrage von Richterin Franziska Hermle meint er, dass „diskutieren“ auch „streiten“ bedeuten könne. Immer wieder „diskutiert“ er mit einzelnen Gästen, vor allem mit dem späteren Hauptgeschädigten. Im Zeugenstand sagt dieser, heute 28 Jahre alt, dass alles bereinigt gewesen sei. Ein Grund für die Attacke einige Zeit später lässt sich also nicht finden. Es gab wohl schon keinen Grund für die anhaltenden „Diskussionen“.

Die Streitlust, die den Angeklagten in jener Nacht beherrscht hat, war aber stärker als alles andere: Er ruft einen guten Freund an, mit dem zusammen er bereits am Abend in Gutenberg gefeiert hatte. Dieser sollte ihm helfen, falls noch was passiert. Er habe sich bedroht gefühlt und den gleichaltrigen Freund deshalb zum eigenen Schutz angefordert.

Tatsächlich aber muss er sich in der Urteilsbegründung von der Strafrichterin sagen lassen, dass er den Kumpel gerufen habe, damit dieser die „Dreckarbeit“ übernehme und den vermeintlichen Provokateuren eine Abreibung verpasse. Er habe vor dem Auftauchen des Freundes sogar zu zwei Zeuginnen gesagt, sie sollten besser nach Hause gehen, weil gleich was passiere. Er muss also gewusst haben, was er da angezettelt hatte.

Der genaue Tathergang lässt sich für Zuhörer ohne Akteneinsicht nicht im Detail nachvollziehen. Staatsanwalt und Richterin sprechen von einem „hochdynamischen Geschehen“. Die Zeugen sagen, es ging alles so schnell, dass sie sich höchstens an Einzelheiten erinnern. Fast alle wissen noch, dass der Hauptgeschädigte plötzlich regungslos am Boden lag. Aber nahezu jeder zweite Zeuge hatte ebenfalls Schläge erhalten. Und der eine oder andere war selbst zu Boden gegangen. Die Angriffe waren schnell und zielstrebig erfolgt, als sich die Gäste nach Lokalschluss gegen 4 Uhr auf den Heimweg gemacht hatten.

Die meisten Zeugen berichten auch von einem schwarzen und glänzenden, metallischen Gegenstand an der Hand des später Hinzugekommenen. Weil es nur ein einziger Gegenstand war, der außerdem mehr als nur einen Finger umschloss, hat die Richterin keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Schlagring gehandelt hat. Der 26-jährige Maschinenbediener, der am Schluss zugibt, mit den Schlägen angefangen zu haben, bestreitet allerdings, jemals einen Schlagring benutzt zu haben.

Da von ihm die heftigsten Schläge und Tritte ausgegangen waren, wird er schließlich zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Für seinen mitangeklagten Freund, dem er beistehen sollte, gibt es sieben Monate auf Bewährung. Der 20-Jährige, der als dritter im Bunde beteiligt war, muss an einem Antiaggressionstraining teilnehmen.

Alle drei zusammen haben als Strafauflage insgesamt 3 000 Euro an den Hauptgeschädigten zu zahlen. Diese Summe dient als Schmerzensgeld dafür, dass er mit gebrochenem Nasenbein, einer schweren Gehirnerschütterung und einer Platzwunde am Hinterkopf drei Tage im Krankenhaus verbringen musste und insgesamt zwei Wochen krankgeschrieben war. Außerdem tragen die Angeklagten die Kosten des Verfahrens.