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Aggressiver Ladendieb ist psychisch krank

Justiz Ein 26-Jähriger, der in Kirchheim als gewalttätiger Dieb bekannt ist, könnte ein Fall für die Psychiatrie sein.

Kirchheim. Der 26-jährige Mann aus Somalia, der in Kirchheim als Dieb, Schläger, Drogenkonsument und Exhibitionist seit Jahren Angst und Schrecken verbreitete und der nach eigenen Angaben US-Präsident werden will, muss nach Einschätzung eines psychiatrischen Sachverständigen in eine geschlossene Klinik eingewiesen werden. In dem Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht wurden gestern nochmals Zeugen und der Gutachter vernommen.

Dem Mann werden in fünf verschiedenen Anklageschriften zahlreiche räuberische Diebstähle, gefährliche Körperverletzungen gegen Ladenbesitzer, motivlose Schläge gegen Menschen, Gewaltangriffe gegen Polizisten und Widerstand gegen die Wachbeamten in der Stuttgarter Justizvollzugsanstalt vorgeworfen (wir berichteten). Nach seinem letzten Kirchheimer Diebstahl einer Damenjacke im Januar dieses Jahres hatte ihn der Geschäftsführer der Boutique in der Alleenstraße verfolgt und solange an ein Geländer gedrückt, bis ihn die Polizei in Empfang nahm. Dabei wurde der Geschäftsführer von dem Somalier mit einer Flasche und den Fäusten bedroht und attackiert, wie der 60-Jährige jetzt im Zeugenstand berichtete.

Laut der Vorstrafenliste ist der 26-jährige Beschuldigte in der Teckstadt seit Jahren als Straftäter bekannt. Diese Taten beging er jedoch in einer schweren Psychose, sagte der Sachverständige nun vor Gericht aus. Vor allem beging der Angeklagte Diebstähle in Kirchheimer Läden. Dabei lieferte er sich dann meist Schlägereien bei der Festnahme mit dem Ladenpersonal und der Polizei. Neun Ereignisse dieser Art stehen in den Straf-
akten, die am gestrigen zweiten Verhandlungstag vor der Stuttgarter Schwurgerichtskammer verlesen wurden. Selbst als der 26-Jährige in die Gewahrsamszelle der Polizei in Kirchheim gebracht wurde, habe er sich noch so heftig gewehrt, dass mehrere Beamte nötig waren, um ihn zu bändigen.

Angeklagtem droht Abschiebung  

Nach dem vorläufigen Gutachten des Psychiaters leidet der Somalier an einer schweren Art von Schizophrenie. Der Wahn lässt ihn Stimmen hören, die ihm Befehle erteilen – daher sei er laut dem Sachverständigen im strafrechtlichen Sinne „schuldunfähig“. Verurteilen könne man ihn wegen der zahlreichen Straftaten nicht, jedoch müsse man die Allgemeinheit künftig vor ihm schützen, heißt es in dem Gutachten. Es bestünde nämlich die Gefahr, dass der 26-Jährige, sollte er in Freiheit kommen, weiterhin Angst und Schrecken an seinem Aufenthaltsort verbreitet. Schließlich gibt er zu, dass ihn die fremden Stimmen auch aufgefordert haben, mit einer Waffe zu schießen.

Die Staatsanwältin hat bereits zu Beginn des Prozesses angekündigt, die Einweisung des Beschuldigten in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung zu beantragen, „zum Schutz der Allgemeinheit“. Eigentlich sollte der Mann, der im Jahr 2013 aus Somalia über Italien in die Bundesrepublik flüchtete, nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts wieder abgeschoben werden. Doch dieser Akt wird kompliziert, sagt sein Verteidiger. Der Grund: Sein Mandant besitzt keinerlei Papiere –  keinen Pass, keinen Ausweis. Zudem ist er Analphabet und übt keinen Beruf aus.

Die Beamten des Kirchheimer Polizeireviers werden aufatmen, wenn das Gericht durch ein Urteil die Einweisung des 26-Jährigen beschließt. Ob der Mann dort von seiner Wahnkrankheit geheilt wird, kann nicht einmal der Sachverständige sagen. In der Regel, da sind sich die Gutachter einig, sind derartige Krankheiten nur medikamentös in den Griff zu bekommen. Werden die Medikamente abgesetzt, ist mit Rückfällen zu rechnen. Das Urteil soll am 21. Juni gesprochen werden. Bernd Winckler