Stuttgart/Bad Urach. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Doch nur einer zieht sich durch beeindruckende Landschaften, stolze Burgen und geologische Sensationen wie ein roter Faden auf großteils naturbelassenen Pfaden am Albtrauf, der Steilflanke der Schwäbischen Alb, entlang. Das ist der Hauptwanderweg Nummer 1 des Schwäbischen Albvereins. Als der 365 Kilometer lange Nordrandweg von Donauwörth nach Tuttlingen in schweißtreibender Arbeit peu à peu von den Wanderfreunden angelegt wurde, schlummerte der Begriff „Tourismus“ noch im Storchenteich. Heute ist Tourismus in aller Munde und ein nicht mehr wegzudenkender Wirtschaftszweig. Das ist auch auf der Schwäbischen Alb mit ihrem von der UNESCO anerkannten Biosphärengebiet so. Und weil sich jeder ein Stück von diesem Kuchen abschneiden will, schossen Schilder für Rundwege, Parkplätze, Biergärten und Freizeiteinrichtungen aus dem Boden wie die Pilze. Sehr zum Leidwesen des 1888 gegründeten Wandervereins, dessen Präsident Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß vehement gegen den „touristischen Aktionismus“ wetterte und für ein einheitliches Wegebeschilderungssystem plädierte.
Im vergangenen Jahr nun schien sich der Herzenswunsch des mit über 110 000 Mitgliedern größten europäischen Wandervereins zu erfüllen. Der Verband Schwäbischer Alb Tourismus kam auf den Albverein zu und schlug vor, die rund 15 unterschiedlichen Markierungssysteme im Vereinsgebiet zu vereinheitlichen. Auf einer Pressekonferenz ziemlich genau vor einem Jahr stellten der Vorsitzende des Schwäbischen Alb Tourismus, Reutlingens Landrat Thomas Reumann, und Albvereinspräsident Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß die Quintessenz des Schilderwaldes vor.
„Ich habe erst dabei erfahren, dass der Verband Alb Tourismus unseren Hauptwanderweg Nummer 1 Albsteig nennen will“, war Dr. Rauchfuß über die mangelnde Kommunikation etwas unglücklich. Die Wanderfreunde in den Gauen waren erbost über die Umbenennung ihres traditionellen Qualitätswanderwegs. So gibt es momentan für den Prädikats-Wanderweg zwei und streckenweise sogar drei Namen: HW 1 oder Albsteig und – zwischen Neuffen und Metzingen – Gustav-Strömfeld-Weg. Denn Letzterer wird als Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Biosphärengebietsverwaltung und dem Erms- und Teck-Neuffen-Gau des Schwäbischen Albvereins angelegt.
Wie etliche Wanderfreunde und Wegwarte kann sich auch der Vorsitzende des Teck-Neuffen-Gaus, Erich Haas, nicht so ganz mit dem Begriff „Albsteig“ anfreunden. „Für den Schwäbischen Albverein bleibt dies der Nordrandweg“. Und der Wegreferent des Hauptvereins, Dieter Weiß, spricht in gewohnter Manier vom „Hauptwanderweg Nummer 1“. Dass es an der Albvereinsbasis rumorte, kann der Wegreferent gut nachvollziehen, zumal die Arbeit der Wegeinstandsetzung und -unterhaltung auch weiterhin die SAV-Wegwarte leisten werden.
Inzwischen gab es über dieses knifflige Thema ein Gespräch zwischen Albverein und Alb Tourismus. „Wir verstehen die Verärgerung“, sagt Sabine Hellner vom SAT. Sie betreut den Bereich „Wandern“. Hellner gibt gerne zu, dass der Tourismusverband mit dem Begriff Albsteig „etwas vorgeprescht“ sei. Doch nach einem „guten Gespräch“ hätten sich beide Seiten definitiv darauf geeinigt, dass auf den neuen Schildern „Albsteig“ mit Verweis auf den Schwäbischen Albverein und seinen HW 1 stehen wird.
Inzwischen gehört der „Albsteig“ mit dem Schwarzwälder Schluchtensteig, dem Rothaarsteig, dem Eifelsteig, dem Goldsteig und dem Westweg zu den „Top Trails“, den besten Wanderwegen Deutschlands.