29-Jährige hat Geld unterschlagen und wird wegen Untreue zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt
Allein im April ganze 100 000 Euro auf einmal verbraten

Wegen Untreue in 15 Fällen ist eine 29-Jährige in Kirchheim zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Sie hatte ihren Arbeitgeber geschädigt, indem sie ihre Stellung als Buchhalterin missbraucht und mehr als 300 000 Euro auf eigene Konten abgezweigt hatte. Als Grund dafür gab sie unter anderem ihre Spielsucht an.

Andreas Volz

Kirchheim. Zum einen ging es in dem Prozess im Kirchheimer Amtsgericht um eine „ganze Menge Holz“, wie der Staatsanwalt in seinem Antrag feststellte, und zum anderen ging alles auch ziemlich schnell: Die Angeklagte zeigte sich von Anfang an geständig und räumte alle Taten ein, die ihr in der Anklage vorgeworfen worden waren.

Schnell war es aber auch zuvor gegangen: Nicht einmal ein Jahr hatte sie benötigt, um mittels fingierter Rechnungen insgesamt 312   817,05 Euro von Konten ihres Arbeitgebers auf eigene Konten umzuleiten. Seit Mitte August sitzt sie nun in Untersuchungshaft. Auch dazu war es ziemlich schnell gekommen, nachdem einer Kollegin Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren.

Aufgeflogen war die Angeklagte dadurch, dass Anfang August eine Zahlung nicht erfolgt war. Wegen einer fehlerhaften Angabe fragte die Bank bei der Holzmadener Firma nach, woraufhin eben die Kollegin der Sache nachging. Als die 29-Jährige aus Aichtal nach firmeninternen Recherchen mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, gab sie gegenüber dem Arbeitgeber sofort alles zu.

Zurückzahlen konnte sie rund 55 000 Euro, die sie noch nicht verbraucht hatte. Dem Unternehmen bleibt also ein Schaden von etwa 250 00 Euro. Der Verteidiger der Angeklagten glaubte seiner Mandantin zwar, dass sie diesen Schaden gerne wiedergutmachen würde. Allerdings zweifelte er daran, dass ihr dies jemals voll und ganz gelingen könne. Das Zurückzahlen ist in diesem Fall also etwas, was nicht so schnell gehen dürfte, denn schließlich handelt es sich um eine „ganze Menge Holz“.

Das Zurückzahlen ist aber auch das Thema, mit dem die Unterschlagungsserie in Holzmaden begonnen hatte: Just im Februar nämlich war die Angeklagte bereits vom Amtsgericht Böblingen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil sie bei ihrem vorherigen Arbeitgeber – in Sindelfingen – auf dieselbe Weise 45 000 Euro veruntreut hatte. Um diesen Schaden auszugleichen, ließ sie beim neuen Arbeitgeber rund 50 000 Euro mitgehen. Dem Gericht in Böblingen erzählte sie aber, das Geld sei ein Darlehen von ihrer Mutter. Diese Art der Schadenswiedergutmachung hatte sie im Februar noch vor dem Gefängnis bewahrt.

Richterin Franziska Hermle bezeichnete es jetzt im Kirchheimer Prozess als eine besondere „Dreistigkeit“, den einen Schaden dadurch zu begleichen, dass man beim neuen Arbeitgeber gleich den nächsten Schaden anrichtet. Noch weniger aber konnte sie verstehen, dass sich die Angeklagte zusätzlich noch weit höhere Summen überwiesen hat – und das nur kurz nach der Verurteilung zur Bewährungsstrafe.

Die 29-Jährige sagte dazu, dass sie hoffte, im Spiel so viel Geld zu gewinnen, dass sie das unterschlagene Geld wieder zurückzahlen könne. Als die Richterin sie fragte, ob sie denn tatsächlich allein im April 100 000 Euro in die Spielbank getragen habe, meinte sie nur: „Das wird einem erst danach bewusst, wie viel das eigentlich ist.“ Immerhin aber fügte sie hinzu, dass sie sich von dem Geld auch „ein paar Sachen gekauft“ habe. Auf Nachfrage sprach sie von „Kleidung und Schmuck“ sowie von einer Uhr. Und in den Urlaub sei sie auch gefahren.

Der Urlaub war übrigens einer der Gründe, warum sie sich zwischen der Verurteilung im Februar und dem Beginn der Untersuchungshaft im August nur einmal mit ihrer Bewährungshelferin getroffen hatte: „Einmal war sie im Urlaub, dann war ich im Urlaub. Einmal war ich auch krank.“ Sie hätten aber immerhin per E-Mail Kontakt gehalten.

Im Zeugenstand sagte der Geschäftsführer des geschädigten Holzmadener Unternehmens, dass er von der früheren Verurteilung seiner Mitarbeiterin erst nach deren Verhaftung erfahren habe – aus der Presse. „Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann hätte ich sie natürlich nicht eingestellt“, antwortete er auf eine Frage der Staatsanwaltschaft. Zur Bedeutung des Schadens meinte er: „Natürlich merkt man es, wenn 300 000 Euro fehlen.“ Zum großen Glück aber sei dieser Schaden „nicht existentiell“.

Letzteres bezeichnete auch der Staatsanwalt als ein besonderes Glück: „Da kann man froh sein, wenn die Firma so groß ist, dass sie den Schaden irgendwie wieder auffangen kann. Die möglichen Folgen, die ein solcher Schaden auf Arbeitsplätze, Mitarbeiter und Gläubiger haben könnte, mag man sich gar nicht vorstellen.“ Die Bewährungsstrafe vom Februar habe sich die Angeklagte nicht als „Warnschuss“ dienen lassen. Deswegen sei sie jetzt zu einer entsprechend hohen Strafe zu verurteilen – auch wenn positiv zu werten sei, dass sie die Taten schnell und unumwunden eingeräumt habe.

Zu bilden seien zwei Strafen: für die Fälle vor dem Böblinger Urteil und für die danach. Die Bewährungsstrafe vom Februar müsse in die erste Strafe mit einfließen. So kam der Staatsanwalt zum einen auf zwei Jahre und sechs Monate und zum andern auf zwei Jahre und neun Monate. Unterm Strich bedeutet das fünf Jahre und drei Monate. Auch das sei „eine Menge Holz“ meinte der Staatsanwalt. Aber angesichts der kriminellen Energie, die die 29-Jährige aufgewendet hat, führe kein Weg daran vorbei.

Das Schöffengericht folgte diesem Strafantrag, auch wenn der Verteidiger vier Jahre für ausreichend gehalten hatte. Richterin Hermle sprach in der Urteilsbegründung von einer „ganzen Menge Rabatt“ bezüglich der Einzelstrafen: „Noch enger lässt sich das nicht mehr zusammenziehen.“