Im einstigen WLZ-Gebäude in Neidlingen entsteht ein Gästehaus – Streuobst als Motto
Altes Lagerhaus wird zum Café

Das ehemalige WLZ-Gebäude in Neidlingen bekommt eine neue Bestimmung: Zimmermeister Peter Hepperle baut das alte Lagerhaus in ein Café mit Gäs­tehaus, Ferienwohnung und Regionalvermarktung um – und zwar fast ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen.

Neidlingen bei Hepperle, Baubeginn fŸr ein gro§es GŠstehaus - Gartenstrasse 3
Neidlingen bei Hepperle, Baubeginn fŸr ein gro§es GŠstehaus - Gartenstrasse 3
Neidlingen. Für seine innovativen Ideen ist Peter Hepperle längst über die Grenzen seiner Heimatgemeinde Neidlingen hinweg bekannt. Aufsehen erregte der Zimmermeister zum Beispiel, als er vor sechs Jahren zusammen mit seiner Frau Simone ein Eigenheim aus Holz, Stroh und Lehm errichtete – das erste seiner Art im ganzen Landkreis. Gestern ist nun offiziell der Startschuss für sein neues und bislang größtes Projekt gefallen. Peter Hepperle baut das ehemalige WLZ-Gebäude in der Neidlinger Gartenstraße 3 in ein Café mit Gästehaus, Ferienwohnung und Regionalvermarktung um.

„Das Café wird ein Aushängeschild für die Gemeinde“, freute sich Neidlingens Bürgermeister Rolf Kammerlander bei der Feierstunde. Einheimischen und Ausflüglern biete Neidlingens erstes Café künftig eine neue Einkehrmöglichkeit, Übernachtungsgästen Zimmer in attraktivem Ambiente. „Das tut dem Ort und der Idee des Biosphärengebiets gut“, so Kammerlander. Auch Stefan Gerlach, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Teck, lobte das Projekt: „Wir sind absolut überzeugt von dieser Lösung.“ Ganz der Raiffeisen-Philosophie entsprechend profitiere davon nicht nur einer, sondern die Gesellschaft. Knapp 60 Jahre lang hatte sich das WLZ-Gebäudeensemble im Besitz der Bank befunden, bis Peter Hepperle es im vergangenen Jahr kaufte. „Sie inves­tieren in einem einmaligen Umfeld“, attestierte Markus Grupp, Wirtschaftsförderer des Landkreises Esslingen, dem Bauherrn und seiner Frau. Zwischen Neidlingen und Weilheim befinde sich Deutschlands größtes Kirschenanbaugebiet. Zudem liege der Ort im größten zusammenhängenden Streuobstgebiet Europas.

Peter und Simone Hepperle vor dem einstigen WLZ-Lagerhaus in Neidlingen. Schon im kommenden Frühjahr soll dort ein Café in Berie
Peter und Simone Hepperle vor dem einstigen WLZ-Lagerhaus in Neidlingen. Schon im kommenden Frühjahr soll dort ein Café in Berieb gehen, ein halbes Jahr später wird das Gästehaus folgen. Das kleine Bild zeigt, wie der Gebäudekomplex nach dem Umbau aussehen soll.Foto: Jean-Luc Jacques
Genau mit diesem Pfund möchte Peter Hepperle wuchern. Bei der Planung hat er mit der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets Schwäbische Alb und dem Verein Schwäbisches Streuobstparadies zusammengearbeitet. Café, Laden und Übernachtungsmöglichkeiten auf den 670 Quadratmetern Fläche sollen rundum in die Kulturlandschaft Schwäbische Alb hineinpassen, dem Tourismus und der einheimischen Wirtschaft ebenso gerecht werden wie der Umwelt und der Landschaft.

So ist geplant, in dem Café mit 75  bis 100 Plätzen und dem Ladengeschäft ausschließlich heimische Produkte anzubieten. Dazu gehören die verschiedensten Spezialtäten und Erzeugnisse von den Streuobstwiesen, aber etwa auch handgefertigte Artikel aus Filz. Die vier Doppelzimmer möchte Peter Hepperle als Themenräume mit unterschiedlichen Obsthölzern gestalten: „Es gibt dann beispielsweise ein Kirschenzimmer, ein Apfelzimmer und ein Birnenzimmer“, sagte er. Den Belag der Café-Terrasse hat der Zimmermeister übrigens aus Eichenholz gefertigt, das von Neidlinger Gemarkung stammt. Von dem Freisitz aus, aber auch aus den Gästezimmern und der 50 Quadratmeter großen Ferienwohnung können die künftigen Gäste dann den Blick auf den Reußenstein genießen.

Beim Umbau des 1953 erbauten Lagerhauses lassen Peter Hepperle und Architektin Manuela Fauser dem Bestand ebenso Raum wie dem Neuen und verbinden Tradition mit Moderne. „Das Lagerhaus-Ambiente soll erhalten bleiben“, kündigte Peter Hepperle an. So plane er etwa, in Teilen den alten Holzboden zu res­taurieren. Die eher rustikale Einrichtung will der Bauherr zum großen Teil selbst fertigen. Unverändert bestehen bleiben die Lagermöglichkeiten im Keller des Hauses und der offene Hallenbereich, sodass dieser auch künftig von den Vereinen für das Zwetschgenmarktfest genutzt werden kann.

Auf dem neuesten Stand wird das Projekt beim Thema Ökologie sein. Peter Hepperle, der sich mit seiner Holzbaufirma auf ökologisches Bauen spezialisiert hat, setzt beim Umbau vor allem heimisches Holz ein. Als Dämmmaterial, etwa für das Dach, sieht er Strohballen vor. „Das ist eben mein Steckenpferd“, so Hepperle. Ressourcenschonend ist auch die Technik im Haus. Für die Toilettenspülungen kommt Regenwasser zum Einsatz. Die riesige Dachfläche der Halle hat Peter Hepperle schon vor einem Jahr, kurz nachdem er das Gebäude erworben hatte, mit Photovoltaik belegt. „So ist das Projekt für mich finanzierbar geworden“, sagte er. Vorstellen kann sich Hepperle auch, zu einem späteren Zeitpunkt eine solarthermische Anlage für Warmwasser zu installieren.

Die Idee, ein Gästehaus zu bauen, war Peter Hepperle schon vor ein paar Jahren gekommen. „Immer mehr Tagestouristen kommen nach Neidlingen und zwar nicht nur während der Kirschblüte“, betonte der 42-Jährige. „Bei den Busrundfahrten durchs Biosphärengebiet ist Neidlingen eigentlich immer dabei.“ Insbesondere die Kugelmühle, aber auch die Konrad-Widerholt-Mühle und der Korbmacher lockten Besucher an. „Diesen Touristen sollten wir auch etwas bieten“, ist Peter Hepperle überzeugt.

Dass es Bedarf für ein solches touristisches Angebot in Neidlingen gibt, davon konnte Peter Hepperle auch das Regierungspräsidium überzeugen: Das Projekt wird zu 20 Prozent durch Landesmittel aus dem Programm Entwicklung Ländlicher Raum gefördert.

Mit rund einem Jahr Bauzeit rechnen die Hepperles. Das Café allerdings soll schon früher fertig sein: „Wir würden es gerne schon zur nächsten Kirschblüte öffnen“, sagte Simone Hepperle. Das Ehepaar wird Café, Gästehaus und Laden mit angestelltem Personal betreiben. Anfangs ist geplant, das Café regulär nur an den Wochenenden zu öffnen, für angemeldete Gäste und Gruppen auch unter der Woche. Später könnten noch mehr Öffnungstage dazu kommen.