Volkshochschulorchester unter Leitung von Sabine Bruns besticht durch Niveau und mutige Programmauswahl
Anrührend und atmosphärisch gezaubert

Kirchheim. Sonntagabend, ein russisches Programm – wie ein Punsch gegen die klirrende Kälte draußen, 
und allemal lohnend für alle, die an diesem Abend den Weg in die Stadthalle gefunden hatten. Das Volkshochschulorchester unter Leitung von Sabine Bruns stellte einmal mehr seine Klasse unter Beweis, konnte man doch in den letzten Jahren ein stetiges „Crescendo“ beobachten, was den Anspruch an Niveau, den Mut in der Programmauswahl und auch die wachsende Mitgliederstärke betraf.

Zugegebenermaßen musste die „Steppenskizze aus Mittelasien“ von Alexander Borodin (1833 – 1887) zu Beginn noch ein wenig zum Einspielen herhalten, aber spätestens im zweiten Teil lief das Orchester zu voller Form auf und konnte zeigen, was an Möglichkeiten so alles in ihm steckt. Klangen die Streicher zu Beginn also noch etwas zaghaft, die Weite der Steppe flirrend nachzeichnend in höchsten Pianotönen, unterbrochen von den Bläsern (hier Klarinetten und Hörner) – ein russisches Lied anstimmend – das Englischhorn die „orientalische Weise“ vortragend, konnte man doch das Bild schon ahnen, das hier im Hintergrund gemalt war: Borodin selbst legte diesem Werk der sogenannten „Programmmusik“ ein ausformuliertes Programm zugrunde.

„In der einförmigen Steppe Mittel-asiens erklingen die bisher fremden Töne eines friedlichen russischen Liedes. Aus der Ferne vernimmt man das Getrappel von Pferden und Kamelen und den eigentümlichen Klang einer morgenländischen Weise. Eine einheimische Karawane nähert sich. Unter dem Schutz der russischen Waffen zieht sie sicher und sorglos ihren weiten Weg durch die unermessliche Wüste. Weiter und weiter entfernt sie sich“.

So weit das Einleitungsstück, im Folgenden abgelöst von Reinhold Glieres (1875 – 1956) wunderbarem Konzert für Harfe und Orchester Es-Dur op. 74. Die Solistin Hannah Pfeiffer, weltweit unterwegs und mit Preisen ausgezeichnet, verstand es meisterhaft, den Farbenreichtum ihres Instruments zum Leuchten zu bringen, mal zart, sich in himmlischen Arpeggien verlierend, mal kräftig zupackend, mit markigen Bässen volltönend gestaltend: immer präsent und sehr überzeugend.

Im frischen ersten Satz wurde das markante Solo der Harfe vom satten Orchesterklang energisch aufgegriffen, das Liedchen im „Thema und Variationen“ des zweiten Satzes von der Solistin bezaubernd vorgestellt, vom Orchester mal „con sordino“, mal im verhaltenen pizzicato nicht immer ganz so mutig übernommen, wie man sich das gewünscht hätte – was allerdings im dritten Satz „Allegro giocosa“ mit einer clownesk auftrumpfenden Bläserriege und einem insgesamt munter aufspielenden Orchester wieder mühelos wettgemacht werden konnte.

Nach der Pause dann das Hauptwerk des Abends, die viersätzige Symphonie Nr. 2 h-Moll von Alexander Borodin. Das Orchester entfaltete straff, überzeugend und kraftvoll die gesamte Bandbreite seiner Gestaltungsmöglichkeiten für dieses letzte Werk. Mächtiges Tutti im ersten Satz, rhythmisch raffiniertes „Bläsergelächter“ im zweiten (Scherzo), das Andante flächig, mit Klarinette und Harfe fast mystisch beginnend, der letzte Satz prächtig auftrumpfend, mit Pauken, Beckenschlägen und mit beeindruckendem, mächtigem vollem Orchesterklang, der einen wahrhaft erschauern ließ: Ein fulminanter Schluss.

Das Orchester bedankte sich bei einem begeisterten Publikum mit der Wiederholung des ersten Satzes, geleitet von einer sichtlich glücklichen Sabine Bruns, die einmal mehr neben ihrer souveränen Führung des Orchesters auch anrührend atmosphärisch zu zaubern verstand.