Esslingen. Die Esslinger und Sigmaringer Apotheker haben ihre Kunden am Vormittag nur an den Klappen bedient, die für den Notdienst gedacht sind. „Das ist unsere einzige Möglichkeit, unser Anliegen zu verdeutlichen“, erklärt Frank Eickmann vom Landesapothekerverband (LAV) in der Schwan Apotheke am Esslinger Marktplatz. Dass der Protest für die Kunden mit Einschränkungen verbunden ist, bedauert er. Adressat der Aktion ist schließlich nicht der Patient, sondern die Bundesregierung. Sie will den Festbetrag, den Apotheker pro Packung erhalten, lediglich um 25 Cent auf 8,35 Euro erhöhen.
Nach zahllosen Sparrunden, die für die Branche wegen milliardenschwerer Ausgleichszahlungen an die Krankenkassen mit empfindlichen Einbußen verbunden waren, hält Eickmann dieses Angebot für indiskutabel. Er argumentiert, die Ertragslage verharre auf dem Niveau von 2004. Gleichzeitig seien die Betriebs- und Personalkosten aber so gestiegen, dass die Wirtschaftlichkeit stark gefährdet sei. Statt 25 Cent mehr fordert sein Verband ein Plus von 1,04 Euro. Um dieses Ziel zu erreichen, soll der Druck erhöht werden.
Daniela Hemminger-Narr und Christof Mühlschlegel, die Vorsitzenden des Apothekerverbands in der Region Esslingen, zeichnen ein düsteres Bild ihrer Branche. Vielen Apothekern gelinge es nur mit extremer Selbstausbeutung, ihren Betrieb über Wasser zu halten. Stephan Mielke, Inhaber der Schwan Apotheke, sieht bereits den Spielraum für Fortbildungen schrumpfen. Klar ist für alle: So kann es nicht weitergehen. Dass alle 27 Apotheken in Esslingen die Aktion unterstützten, werten sie ebenso als Bestätigung wie die verständnisvollen Reaktionen der Kunden.
Für die Apotheker drückt sich in der unnachgiebigen Haltung der Bundesregierung mangelnde Wertschätzung aus. Ihre Forderung nach einem deutlich verbesserten Angebot unterstreichen sie mit dem Hinweis auf andere Berufsgruppen. Als Beispiel nennt der Landesverband die ärztlichen Honorare, die seit 2004 um mehr als 30 Prozent nach oben geklettert sind.
Die Krise führt inzwischen dazu, dass in Deutschland jeden Tag eine Apotheke schließt. Christof Mühlschlegel warnt davor, dass sich diese Entwicklung fortsetzen könnte. „Wir müssen die bewährten Strukturen erhalten“, fordert er. Eine Überversorgung in Baden-Württemberg vermag er ebenso wenig wie in Esslingen zu erkennen. Das sieht auch Stephan Mielke so. Mit 27 Betrieben bewege sich die Stadt auf dem Niveau vergleichbarer Städte, sagt er. Die etwas höhere Dichte als auf dem Land erklärt er mit den zahlreichen Fachärzten, deren Zielgruppe weit über die Stadtgrenzen hinausreicht.
Für kommenden Mittwoch planen die Apotheker in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland nach dem gestrigen Muster einen ganztägigen Warnstreik. Von dieser Absicht wollen sie nur abrücken, wenn die Bundesregierung einlenkt.