Der Ton des Schreibens ist ausgesprochen sachlich gehalten, der Inhalt dennoch eindringlich: Der lautstarke Protest der Filderkommunen und anderer Betroffener gegen die geplante Änderung der Abflugroute für einen Teil der Flüge vom Stuttgarter Flughafen mit südlichen Flugzielen hat die Bürgermeister des Gemeindeverwaltungsverbands Plochingen-Altbach-Deizisau jetzt zu einem gemeinsamen Brief veranlasst.
Frank Buß aus Plochingen, Altbachs Bürgermeister Martin Funk und Thomas Matrohs aus Deizisau appellieren an den Vorsitzenden der Fluglärmkommission, Ostfilderns Oberbürgermeister Christof Bolay, und die Kommissions-Mitglieder: „Wir möchten Sie bitten, an den Plänen zur Einführung der neuen Abflugroute festzuhalten und das notwendige Genehmigungsverfahren mit der Deutschen Flugsicherung und allen beteiligten Institutionen voranzutreiben.“ So heißt es in der Mail, die auch an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann sowie die Abgeordneten der Landes- und Bundespolitik ging.
Spürbare Entlastung
Die drei Bürgermeister im Neckartal hatten sich schon vor zwei Wochen für die neue Route stark gemacht, von der sie sich eine gerechtere Lastenverteilung im Kreis Esslingen und wertvolle Lärmpausen für ihre Bürgerinnen und Bürger versprechen. Doch mittlerweile haben sie Sorge, bei dem lauten Protest aus Neuhausen, Wolfschlugen, Denkendorf oder Nürtingen nicht mehr gehört zu werden.
Seit Jahren würden sich die Bürgermeister und Gemeinderäte des Verwaltungsverbands dafür einsetzen, gemeinsam mit Landespolitikern, Fluglärmkommission und Flughafen die Belastungen der Bürgerschaft durch den Fluglärm zu minimieren, heißt es jetzt in ihrem Brief. Man sei sehr froh über die neue Abflugroute, die Experten der Lufthansa Group gemeinsam mit der Fluglärmkommission des Flughafens als Ergänzung der bestehenden Route erarbeitet hätten. Sie sei ein wichtiger Schritt, „das von Lärm umgebene Neckartal spürbar zu entlasten“ und spare durch ihre verkürzte Führung auch noch CO2 ein. „Das wichtigste Argument ist jedoch eine Minimierung der vom Fluglärm betroffenen Menschen in der gesamten Raumschaft“, heißt es in der Mail weiter.
Berücksichtige man „ganz objektiv“ die neu hinzukommenden und die bereits bestehenden Lärmbelastungen in den einzelnen Kommunen, „werden bei der Nutzung der neuen Route in Summe etwa 90 000 Menschen weniger vom Fluglärm betroffen sein als bisher“. Das bedeute, dass sehr viele Menschen in den unterschiedlichsten Kommunen auch außerhalb des Neckartals entlastet würde-n. Da nicht geplant sei, die bestehende Route stillzulegen und in der Regel nur ein bis zwei Flüge pro Stunde auf der neuen abheben sollen, bleibe die Hauptlast ohnehin bei den Kommunen, die auch heute schon den meisten Lärm abbekämen. „Wir sind der festen Überzeugung, dass sich die Einführung der neuen Abflugroute in jedem Fall lohnt, da sie zu einer gerechteren Lastenverteilung des Fluglärms beiträgt“, betonen die Bürgermeister.
Für die Bewohnerinnen und Bewohner im näheren Umfeld der aktuellen Route könnten Lärmpausen zum Durchatmen entstehen. In der vom Straßen-, Schienen-, Industrie- und Fluglärm geprägten Raumschaft sei jede ruhige Minute wertvoll.
Wenn in Richtung Osten gestartet werden kann, also nur an rund zehn Tagen im Monat, ziehen die Flugzeuge eine deutlich engere Rechtskurve. Das entlastet die Kommunen im Neckartal vom Fluglärm, andere wie auf den Fildern werden dadurch eher mehr belastet. In der Summe sollen laut den Verantwortlichen aber 90 000 Menschen von der Änderung profitieren - deutlich mehr, als von ihr beeinträchtigt würden. biz