Kirchheim. Vor mehr als 70 Jahren lernten sich Karl und Marie Kapp bei der Landjugend kennen. Lieben gelernt haben sich die beiden dort in vielen gemeinsamen Stunden und bei Volkstänzen. Am 23. April, sechs Jahre nach der Verlobung, heiratete das Paar im Gasthaus Hirsch in Nabern. „Es war ein großes Fest, viele Verwandte haben mitgefeiert“, erinnert sich Marie Kapp. Getrunken wurde Most, denn etwas anderes konnten sich viele zur damaligen Zeit nicht leisten. Karl Kapp denkt auch gerne an das Verlobungsfest zurück. Durch gute Kontakte konnte er zur Feier des Tages Sekt organisieren. „Der Nachbarsjunge eines Vetters hat immer ein bisschen Most getrunken. Als wir den Sekt hatten, haben wir ihm davon auch einen Schluck gegeben. Er sagte dann, dass das aber ein guter Most sei, und wurde immer lustiger“, erzählt Marie Kapp von einem Erlebnis.
1953 bauten Karl und Marie Kapp schließlich ihr Haus in der Gartenstraße in Nabern, in dem sie auch heute noch wohnen. „Alles, was ging, haben wir selber gemacht“, berichtet Karl Kapp.
Das Ehepaar Kapp war stets positiv gestimmt, auch in schlechten Zeiten. Und ist es auch heute noch, wie Karl Kapp bewies. „Vor gut zwei Jahren habe ich mir bei einem Sturz den Oberschenkelhals gebrochen“, erzählt er. Lange Zeit sei auf der Kippe gestanden, ob er jemals wieder laufen könne, doch Karl Kapp kämpfte sich durch. Heute macht er mit seinem Rollator regelmäßig seinen rund einen Kilometer langen Spaziergang durch das Viertel, berichtet er glücklich. „Für die Ärzte ist es ein Wunder, dass das wieder möglich ist“, sagt Marie Kapp.
Auch in ihrem beruflichen Leben war viel los. „Ich habe mich immer um die Landwirtschaft gekümmert, und Karl hat das Geld verdient“, erzählt Marie Kapp. Auf ihrem Hof hielten sie Kühe, Säue und Hennen. Außerdem bauten sie Getreide an. Erinnert an die schwierigen Verhältnisse der damaligen Zeit, zitiert Karl Kapp ein ihm in Gedächtnis gebliebenes Sprichwort: „Eine Kuh deckt viel Armut zu.“
Mit den Hennen habe sie aber nicht viel Glück gehabt, sagt Marie Kapp. Einmal habe sie die Bühne gekehrt. Sie hatte nicht daran gedacht, dass dort Mäusegift liegt, welches dann zu den Hennen hinuntergefallen ist. „Die Hennen haben das natürlich gefressen und sind leider gestorben.“
Neben der landwirtschaftlichen Arbeit war Handarbeit eine Leidenschaft für Marie Kapp. Viele Kleider habe sie zum Beispiel selbst genäht. Karl Kapp arbeitete, nachdem er vom Militär zurückgekommen war, bei seinem Onkel und später als Schweißer bei der Firma Schlatter in Kirchheim. „Das Schweißen habe ich mir selbst beigebracht, ich hab‘ nie eine Prüfung absolviert“, erzählt er. Bis zur Rente blieb er der Firma treu. „Auch danach wurde ich hin und wieder für Sonderanfertigungen angerufen“, berichtet er. „Wir hatten viel Arbeit. Für Hobbys haben wir fast keine Zeit gehabt. Man kann fast sagen, dass die gemeinsame Arbeit unser Hobby war“, sagt Marie Kapp.
Das erste Mal auf Reisen sind sie in den 60er-Jahren mit der Gemeinde gewesen. „Als unser Sohn den Hof selbst versorgen konnte, war das möglich“, berichtet Marie Kapp. Eine große Reise haben sie aber nie angetreten. „Wenn, dann waren das kleinere, mehrtägige Ausflüge.“ Auch in ihrem Lebensabend sind die beiden noch, soweit es möglich ist, viel unterwegs. Marie Kapp geht noch regelmäßig zum Altenkreis, zum Seniorenessen ins Gemeindehaus in Nabern und sonntags in die evangelische Kirche. Außerdem gehe sie ab und zu noch zu den Landfrauen, wo Marie Kapp eines der Gründungsmitglieder ist.
Karl Kapp erzählt, dass sie den Teckboten schon fast so lange abonniert haben, wie sie verheiratet sind. „Er fragt schon immer morgens, ob ich Zeit habe, ihm den Teckboten vorzulesen“, sagt Marie Kapp. Karl Kapp sieht mittlerweile nicht mehr sehr gut. „Aber man muss ja trotzdem auf dem neuesten Stand bleiben“, sagt er.
Die eiserne Hochzeit wird im kleinen Kreis gefeiert. Das Geheimnis der Ehe liege darin, dass man nie Zeit hatte, darüber nachzudenken, ob etwas fehlt“, sagt Marie Kapp schmunzelnd.