Kirchheim lässt sich die Erweiterung der Nachmittagsbetreuung einiges kosten
Auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule

Kirchheim erweitert die Nachmittagsbetreuung für Grundschüler. Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssen Arbeitskräfte eingestellt und Container angemietet werden. Das bedeutet für die Stadt jährliche Mehrausgaben von über 300 000 Euro.

Kirchheim. Zwar haben sich nur 40  Prozent aller Eltern von Grundschulkindern an einer Umfrage beteiligt, mit der die Stadtverwaltung den Betreuungsbedarf abgefragt hat. Dennoch konnte der Geschäftskreisleiter für Kultur und Soziales, Gerhard Gertitschke, zwei Schwerpunkte eindeutig feststellen: Der Bedarf an Betreuung für Grundschulkinder ist steigend, zudem wird speziell eine Ausweitung der Betreuungszeiten am Nachmittag gewünscht.

Bei fünf Enthaltungen sprach sich das Ratsgremium dafür aus, die Nachmittagsbetreuung an der Rau­ner-Grundschule, der Eduard-Mörike-Grundschule, der Haldenschule, der Freihof-Grundschule und der Grund- und Werkrealschule Jesingen bis 17 Uhr zu erweitern. An der Grundschule Nabern soll sie künftig bis 16 Uhr gehen. Auch an der Alleenschule, die offiziell eine Ganztags­schule ist, soll nun freitags bis 16 Uhr Betreuung angeboten werden. An der Freihof-Grundschule wurde bislang schon an fünf Wochentagen Betreuung angeboten. Jetzt soll die Nachmittagsbetreuung an der Raunerschule auf drei Nachmittage, in Ötlingen und Jesingen auf vier Nachmittage ausgeweitet und an der Teck-Grundschule an zwei Nachmittagen neu eingeführt werden. Außerdem soll der Raumnot an der Freihof-Grundschule und der Haldenschule durch angemietete Container entge­gengewirkt werden. Die Konsequenz aus der Ausweitung der Betreuung ist ferner ein Mehrbedarf an 5,6 Betreuungskräften und 0,6 Küchenkräften ab September.

Gerhard Gertitschke machte klar, dass die Ausweitung der Betreuung auch eine inhaltliche Konsequenz hat: Während bislang die Betreuung an sich im Vordergrund stehe, würden nun zunehmend pädagogische Konzepte wichtig. „Die Grundschulen müssen vom Land ganz dringend zu Ganztagsschulen umgebaut werden“, betonte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Die Bereitschaft der Stadt, zunächst in die Bresche zu springen, sei daher ein klares Signal. „300 000 Euro, das ist eine enorme Summe“, machte die Stadtchefin klar, dass diese Aufgabe langfristig nicht von der Kommune geschultert werden könne.

Der Bedarf an Betreuungsplätzen wurde von allen Fraktionen gesehen. CDU-Mann Klaus Buck zeigte sich besorgt, woher das Geld kommen solle. Er bat um einen baldigen Bericht über die Entwicklung des Ganztagsangebots. Andreas Banzhaf von den Freien Wählern fragte sich, ob noch etwas geschoben werden könne und insistierte auf eine befristete Ausschreibung der Stellen, um flexibel zu bleiben. Im Übrigen beklagte er, dass mit teuren Containerlösungen dem Platzbedarf „hinterhergehechelt“ werde. Er sprach unter Einberechnung der räumlichen Konsequenzen sogar von über 400 000 Euro jährlich, die an Zusatzausgaben auf die Stadt zukämen. „Auf Dauer geht das nicht aus eigenen Mitteln“, machte auch der FDP-Vorsitzende Bernhard Most klar. Er signalisierte daher Zustimmung „mit Bauchweh“ – schließlich sei auch eine Freiwilligkeitsleistung schwer wieder rückgängig zu machen.

„Kernzeitenbetreuung ist nur de jure eine Freiwilligkeitsleistung“, hielt energisch Katja Seybold von der CIK dagegen und erläuterte: „Wir müssen auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren, ob er uns gefällt oder nicht.“ Kinderbetreuung könne nie ein „Nullsummenspiel“ sein, und im Übrigen seien die sozialen Folgekosten einer schlecht betreuten Generation noch weit größer. Dem stimmte Dr. Silvia Oberhauser zu. Die Vorsitzende der Frauenliste äußerte Bedauern darüber, dass die Schulen auf dem Stand der Halbtagsgrundschule der 70er-Jahre stehen geblieben seien. Das müsse sich ändern.

„Eltern brauchen verlässliche Betreuung für ihre Kinder“, ließ auch Manfred Machoczek von den Grünen keinen Zweifel an der Bedeutung dieser Aufgabe. „Für uns ist dies der einzig richtige Weg, Familie und Beruf zu vereinen“, schloss sich SPD-Vertreterin Tonja Brinks an. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass es sich um eine Übergangslösung für die Stadt handle, da das Land dabei sei, die Ganztagsgrundschule zu stemmen.

Aufgeschnappt

„Als in den 60er- und 70er-Jahren die Anzahl der Autos stieg, haben wir schließlich auch Straßen gebaut – jetzt müssen wir auf die Kinder reagieren.“ Anmerkung von Dr. Silvia Oberhauser, um Teilen des Gremiums die Alternativlosigkeit des Kirchheimer Wegs zu verdeutlichen.