Fussball
Auf Nimmerwiedersehen?

Fußball Mit dem TV Unterlenningen, den Wernauer SF und dem TSV Neckartenzlingen haben drei Traditionsvereine ihre aktiven Mannschaften vom Spielbtrieb abgemeldet. Der Grund ist Spielermangel. Von Reimund Elbe

Fußball-Nostalgiker erleben aktuell ganz spezielle Zeiten: Nie zuvor haben im hiesigen Bezirk gleich drei Vereine mitten im laufenden Spielbetrieb ihre erste Mannschaft zurückgezogen. Besonders blutet Freunden vergangener Kickerzeiten dabei das Herz, weil es sich mit dem TV Unterlenningen, dem TSV Neckartenzlingen und den Wernauer SF um ein Trio handelt, das neben großer Tradition auch respektablen sportlichen Erfolg in den Vereinsgeschichtsbüchern stehen hat. Die heißen Phasen von damals sind längst kalter Kaffee, die Perspektiven auf ein rasches Comeback düster, in einem Fall sogar bereits gleich null Der Hauptgrund in allen Fällen: Spielermangel.

Wernauer ziehen Fusion vor

B-Ligist Wernauer SF zog im Januar die ohnehin für kommenden Sommer anvisierte Fusion mit dem TSV Wernau und zwei weiteren örtlichen Sportklubs spontan vor. „Eine gemeinsame Spielgemeinschaft mit dem TSV gab es im Jugendbereich sowieso schon seit eineinhalb Jahren“, unterstreicht Sportfreunde-Abteilungsleiter Alexander Musumeci. Wegen dieser bereits laufenden Zusammenarbeit plus akutem Spielermangel in den eigenen Reihen sei der zügige Schritt zur vorzeitigen Verschmelzung der aktiven Teams folgerichtig gewesen. „Das kam alles trotzdem ziemlich überraschend“, sagt der zuständige Staffelleiter Armin Sigler zum vorzeitigen SF-Ende. Mit den Wernauer Sportfreunden, 1898 gegründet, verschwindet ein ehemaliger Landesligist wohl für immer von der Fußball-Landkarte. Ende der siebziger Jahre noch Gastgeber für Klubs wie den VfR Aalen, den VfL Kirchheim und den FC Normannia Gmünd, stiegen sie 1979 aus der Landesliga ab. Nun geht kein Weg zurück.

„König ohne Land“ in Unterlenningen

Wenig hoffnungsfroh klingt Marc Schmohl, Fußball-Abteilungsleiter des lang jährigen A-Ligisten TV Unterlenningen. Im März will der 39-Jährige bei der Abteilungsversammlung sein Amt niederlegen, womit sich in Unterlenningen das Fußball-Kapitel für unbestimmte Zeit schließen dürfte. „Immer noch emotional sehr ergriffen“, sei er, wenn er an den Augenblick der Team-Abmeldung in der Winterpause denke. Doch die Realität mit Spielermangel und perspektivischen Problemen überrollte den Klub: Eigene Jugendmannschaften gibt es seit Jahren nicht mehr auf dem Bühl. Talentierter Unterlenninger Nachwuchs fand sich meist in lokalen Spielgemeinschaften wieder. Bleiben aktuell nur noch rund ein Dutzend wackere Alte-Herren-Kicker übrig, zu denen auch Noch-Abteilungsleiter Schmohl zählt. An einer Punktrunde nimmt die Montagsrunde freilich nicht teil. So regiert Schmohl, vor 15 Jahren von der TG Kirchheim zum TVU gekommen, mittlerweile als König ohne Land. „Man sollte die Hoffnung nie aufgeben“, sinniert er über die Perspektiven eines eigenständigen Fußballs auf dem Bühl, aber mittel- bis langfristig werde es wohl keine eigenen Aktiven- und Jugendteams mehr in Unterlenningen geben.

Spielgemeinschaft am Neckar?

„Es war ein krasser Schritt“, sagt Hermann Volkert. Der Fußball-Abteilungsleiter des TSV Neckartenzlingen meint damit den Ausstieg des Kreisliga B4-Teams im Oktober vergangenen Jahres. Und doch klingt Volkert nicht völlig deprimiert. Im Gegensatz zum TV Unterlenningen, bringt der ehemalige Bezirksligist eigenen Nachwuchs an den Start. Bis auf die B-Junioren sind gar alle Jugendstufen besetzt. Mit Stolz erinnert sich Volkert an die vergangene Weihnachtsfeier, zu der rund 200 Personen gepilgert waren. „Wir stehen voll im Saft“, frohlockt der Funktionär, zumindest was das Innenleben der Abteilung betreffe.

Den Weg zurück zur eigenen Aktivenmannschaft sieht der Neckartenzlinger jedoch als äußerst problematisch an. „Für die kommende Saison haben wir keine Chance“, betont er, zumal aus der eigenen A-Jugend lediglich drei Akteure herauskämen. Ziel der Neckartenzlinger sei deshalb, in der Saison 2021/22 per Spielgemeinschaft ein Comeback im Ligabetrieb zu bewerkstelligen. „Vielleicht mit einer zweiten Mannschaft eines anderen Vereins“, so die Vision des 53-Jährigen. Der lokalen Fußballszene prophezeit der TSVN-Abteilungsleiter unterdessen eine Fusions- und Kooperationswelle. „Es könnten sich in der Not Mannschaften zusammenfinden, bei denen du früher vor lauter Rivalität auf dem Platz die Polizei gebraucht hättest“, sagt Hermann Volkert mit einer Mischung aus Humor und Galgenhumor - ganz spezielle Zeiten für Fußball-Nostalgiker eben.